Streit um Kompetenzen Fischer will mehr, nicht weniger
11.10.2002, 17:34 UhrDer Streit um Posten und Kompetenzen in den rot-grünen Koalitionsverhandlungen nimmt weiter an Heftigkeit zu. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) leistet weiter Widerstand gegen den Wunsch von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), ein eigenes Europaministerium einzurichten. Zudem beansprucht Fischer nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters zentrale Weisungsbefugnisse für Brüsseler Fachreferenten, die bislang im Finanzministerium angesiedelt sind.
"Es war der Wunsch des Kanzlers, dass ein Europaministerium eingerichtet wird", sagte Fischer in Berlin. "Mein Wunsch ist, dass es hier stattfindet und nicht woanders", bekräftigte er zugleich. Eine Entscheidung in der Sache werde voraussichtlich am Wochenende getroffen.
Schröder hält zu Eichel
Fischer fordere von Finanzminister Eichel zudem die europapolitischen Zuständigkeiten für die Bereiche Agrar, Binnenmarkt, Arbeit und Soziales, Wirtschaft und Finanzen sowie Bildung und Umwelt, hieß es aus Regierungskreisen. Eichel sei jedoch nicht bereit, die Kompetenzen abzutreten. Dabei habe er die Rückendeckung von Schröder. Fischer und Eichel lehnten eine Stellungnahme zu den Spekulationen ab.
Ost-SPD fordert Ressort
Auch um das Ressort Verkehr und Bau wird heftig gerangelt. Die Ost-SPD beansprucht die Zuständigkeit hierfür offenbar komplett für sich. Der frühere brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe wandte sich in der Chemnitzer "Freien Presse" gegen Pläne, das Ministerium für Verkehr und Bau zu teilen und nur die Bereiche Bau und Aufbau Ost einem Ostdeutschen zu überlassen. Stolpe gilt als Wortführer der Sozialdemokraten in Ostdeutschland.
Es wäre schwer zu erklären, wenn der derzeitige Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) als dritter Nordrhein-Westfale in der Regierung bliebe, sagte Stolpe. Mit der Berufung Wolfgang Clements (SPD) zum Minister für Wirtschaft und Arbeit sei eine Entscheidung gefallen, "die es noch leichter macht, mindestens ein Ost-Gesicht rausgucken zu lassen". Neben Bodewig und Clement stammt auch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) aus Nordrhein-Westfalen.
Auch Stolpes Nachfolger als Brandenburger Regierungschef, Matthias Platzeck (SPD), mahnte ein stärkeres ostdeutsches Gewicht in der Regierung an. "Wir müssen eine Fahne raushängen, nicht nur ein Fähnlein", sagte Platzeck der "Berliner Zeitung". Laut "Leipziger Volkszeitung" haben sich die ostdeutschen Bundestagsabgeordneten der SPD in einem Brief an Schröder mit der Forderung nach dem Ressort für Verkehr und Bau gewandt.
Grüne schielen auf Justizministerium
Die Grünen melden unterdessen Interesse an einem vierten Ministerposten an und bringen dabei das Justizministerium ins Gespräch. Der Grünen-Rechtsexperte Volker Beck sagte dem Norddeutschen Rundfunk, das Ressort passe "sicher sehr gut" zu seiner Partei. Die scheidende Fraktionschefin Kerstin Müller, die schleswig-holsteinische Justizministerin Anne Lütkes und Verbraucherschutzministerin Renate Künast seien "sicher Frauen, die das können", sagte Beck.
Quelle: ntv.de