Kritik selbst aus Kiews Armee Floppt Poroschenkos Friedensplan?
21.06.2014, 16:30 Uhr
Präsident Poroschenko mit Soldaten: Sein Friedensplan löst Kritik unter hochrangigen Militärs aus.
(Foto: REUTERS)
Der Präsident der Ukraine setzt auf einen Friedensplan mit 15 Punkten, um im Osten des Landes für Ruhe zu sorgen. Doch ausgerechnet ein hochrangiger Vertreter seines Militärs greift diesen Kurs an - mit heftigsten Vorwürfen.
Der Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko für die Ostukraine kommt bisher nicht besonders gut an. Russland kritisiert ihn und die Separatisten ignorieren ihn. Kritik ertönt jetzt selbst von Poroschenkos Militär. Die einseitige Feuerpause für die ukrainischen Truppen sei ein "strategischer Fehler", sagte der Kommandeur des Bataillons "Asow", Andrej Bilezki, dem Internetkanal "Gromadske.TB". Vor einer einseitigen Waffenruhe hätte Poroschenko seiner Meinung nach erst die Grenzen zu Russland schließen müssen, um ein weiteres Einsickern von "Terroristen" aus Russland zu verhindern. "So wird nur die technische und zahlenmäßige Ausstattung der Terroristen weiter verstärkt", sagte Bilezki. Er gehe davon aus, dass sich Poroschenko nur durch außenpolitischen und diplomatischen Druck zur Feuerpause hat überreden lassen.
Poroschenko hatte am Freitag einen Friedensplan mit 15 Punkten vorgestellt, der die aufgeheizte Lage im Osten der Ukraine beruhigen sollte. Dazu gehört neben einer Amnestie für Separatisten und einer Freilassung von Gefangenen auch eine einseitige Waffenruhe der ukrainischen Truppen, die im Osten der Ukraine im Einsatz waren.

Von wegen Friedensblumen. Prorussische Separatisten symbolisieren mit den Blüten ihre Geschlossenheit im Kampf für die Unabhängigkeit.
(Foto: AP)
Kurz nach der Präsentation des Plans ertönte bereits Kritik aus Moskau: Der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte, dass das Papier keine Aufforderung zum Dialog enthalte und in einigen Punkten im Tone eines Ultimatums abgefasst sei. Die Initiative sei eine "radikale Abweichung" auch von den Genfer Friedensvereinbarungen im Ukraine-Konflikt, so Lawrow. Der russische Außenminister warf Poroschenko gar Wortbruch vor. Zugleich äußerte sich Russlands Chefdiplomat besorgt über die ukrainischen Truppenbewegungen an der Grenze zu Russland. Zwar sei eine einseitige und einwöchige Feuerpause angeordnet, dennoch gebe es gleichzeitig militärische Aktivitäten, kritisierte Lawrow. Russlands Präsident Wladimir Putin äußerte sich ähnlich: Wenn auf Poroschenkos Plan nicht "konkrete" Maßnahmen folgten, um einen "Dialog" zwischen der Regierung und den prorussischen Separatisten einzuleiten, werde der Plan nicht "lebensfähig" sein, erklärte der Pressedienst des Kreml. Der Plan Poroschenkos dürfe aus Sicht der Separatisten nicht den "Charakter eines Ultimatums" annehmen. Putin hatte am Samstag zudem die Truppen in Zentralrussland in "volle Gefechtsbereitschaft" versetzt.
Mörserattacken auf ukrainische Soldaten
Vollen Rückhalt bekam der Friedensplan dagegen von EU und Bundesregierung. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte: "Wir rufen besonders die Russische Föderation auf, ihren ganzen Einfluss zu diesem Zweck zu verwenden und diesen Plan öffentlich und durch konkrete Maßnahmen zu unterstützen." Er fügte hinzu: "Alle Parteien müssen den Bedingungen des Friedensplans folgen und seine Umsetzung aktiv fördern." Barroso lobte den ukrainischen Präsidenten Poroschenko für dessen Initiative.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel rief alle Beteiligten auf, sich an die einseitig von Präsident Petro Poroschenko ausgerufene Waffenruhe zu halten. "Alle politisch Verantwortlichen müssen sich auch öffentlich dazu bekennen", teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Die Kanzlerin sei überzeugt, "dass es jetzt an der Zeit ist, eine politische Lösung zu finden und dass der vom ukrainischen Präsidenten vorgelegte Friedensplan eine sehr gute Grundlage dafür bildet". Das Leiden der Menschen im Südosten der Ukraine müsse ein Ende finden.
Bisher verpufften allerdings alle Appelle: In der Nacht griffen die Separatisten Stellungen der ukrainischen Armee in der Region Donezk mit Mörsergranaten an. Drei Soldaten verloren dabei ihr Leben.
Quelle: ntv.de, ieh/dpa/AFP