Politik

SPD-Chef beim Grünen-Parteitag Gabriel bringt Geschenke mit - und einen Rat

Bloß nicht den roten! Die Grünen-Chefs Özdemir (l.) und Roth mit ihrem Kollegen Gabriel und dessen Geschenken.

Bloß nicht den roten! Die Grünen-Chefs Özdemir (l.) und Roth mit ihrem Kollegen Gabriel und dessen Geschenken.

Ausgerechnet SPD-Chef Gabriel empfiehlt seinem Wunschkoalitionspartner, sich beim Thema Schwarz-Grün nicht zu verkrampfen. Am Ende klappt es ja doch mit Rot-Grün. Davon zeigt er sich überzeugt. Ein altkluger Ratschlag. Doch bei seinem Gastauftritt auf ihrem Parteitag umschmeichelt er die Grünen derart, dass er sich selbst diesen Ausrutscher leisten darf.

Sigmar Gabriel hat zum Parteitag der Grünen Geschenke mitgebracht: einen roten und einen grünen Rucksack. Proviant steckt drin für den gemeinsamen Weg in die Regierungsverantwortung. Natürlich nur Bio-Proviant. Eine nette Geste. Die Übergabe an die Bundesvorsitzenden der Grünen entpuppt sich allerdings als symbolischer Akt. Ohne zu zögern schnappt sich Cem Özdemir das grüne Präsent, hängt es sofort um. Claudia Roth bleibt so nur der rote Rucksack und sie wagt es nicht, ihn zu schultern. Was wäre das auch für ein Zeichen - ausgerechnet auf diesem Parteitag.

Erst am Freitag haben sich die Grünen beim Auftakt ihrer Bundesdelegiertenkonferenz in Berlin dazu durchgerungen, gemeinsam mit der SPD Wahlkampf zu betreiben. Für den Bundesvorstand war das völlig klar. Sie luden deshalb nicht nur Gabriel als Gastredner ein - ein Novum in der Geschichte der Partei. Sie schrieben in den Entwurf ihres Wahlprogramms, der an diesem Wochenende beschlossen werden soll, auch: "Wir kämpfen in diesem Bundestagswahlkampf für starke Grüne in einer Regierungskoalition mit der SPD, weil wir in diesem Regierungsbündnis die besten Chancen sehen, den Grünen Wandel umzusetzen." Doch so klar war das nicht für alle Grüne. Es gab einen Gegenantrag, der überraschend viele Stimmen erhielt. Den Unterstützern des Antrags ging es darum, die SPD nicht zur "Schwesterpartei" zu erklären, sondern selbstbewusst und eigenständig aufzutreten.

Zur Zwickmühle wird die Präsentübergabe dennoch nicht. Roth weiß mit der Situation umzugehen. Sie lächelt das Dilemma einfach weg, lässt den roten Rucksack lange einfach stehen. Und so wird genau das deutlich, was unter der Mehrzahl der Grünen Konsens ist: Die Grünen freuen sich über einen Partner im Kampf gegen Schwarz-Gelb, sie lassen sich aber nicht vereinnahmen als Mehrheitsbeschaffer, der womöglich auch noch den Stolz auf seine eigenen Wurzeln preisgibt.

Gabriel bietet Verhandlungen über rote Kohle-Politik an

SPD-Chef Gabriel machte es Roth und den anderen Grünen überdies äußerst leicht, entspannt mit seinem Gastauftritt und seinem Geschenk umzugehen. Wiederholt preiste der SPD-Vorsitzende grüne Errungenschaften - vom Atomausstieg bis zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen. "Ihr habt die Politik in den vergangenen 30 Jahren entscheidend mitgeprägt und vor allem entscheidend verbessert", sagte er in seiner Rede.

Und Gabriel machte deutlich, dass die Grünen auch für die SPD mehr sind als ein Steigbügelhalter ins Kanzleramt. "Natürlich sind wir keine Schwesterparteien", sagte er. "Ihr seid eine eigene Partei mit eigenen Grundwerten, eigenen Wurzeln und Überzeugungen." Zudem zeigte er sich überzeugt, dass es bei einer rot-grünen Koalition nicht nur um eine "Liste von Einzelthemen und zu verteilenden Ministerien" geht. "Es geht darum, eine andere Richtung einzuschlagen." Als Extra kündigte er gar an, nach der Wahl mit den Grünen über die Kohlepolitik der Sozialdemokraten zu verhandeln.

Die stehenden Ovationen der Delegierten waren ihm damit so sicher, dass er sich gar einen etwas altklugen Ratschlag leisten durfte. Vermeintlich sicher, dass es nach der Wahl für Rot-Grün reichen würde, empfahl er den Delegierten, die immer wieder aufkeimenden Schwarz-Grün-Debatten in der Partei doch endlich gelassen zu nehmen. "Bevor man in eine gemeinsame Wohnung zieht, guckt man nochmal, ob es im Viertel noch etwas Besseres gibt." Das sei doch ganz normal. Und so bestand er dann am Ende auch nicht darauf, dass Grünen-Chefin Roth sein mit Bionade und Ökobier gefülltes Präsent, den roten Rucksack, sofort umschnallt und mit nach Hause nimmt.

Quelle: ntv.de

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