Hinhaltetaktik oder echtes Signal? Gaddafi-Sohn kündigt Wahl an
16.06.2011, 12:11 Uhr
Gaddafi narrt die Welt seit Jahrzehnten.
(Foto: dpa)
Auf das, was das Umfeld des libyschen Diktators Gaddafi von sich gibt, war in den letzten Jahrzehnten stets wenig Verlass. Mit entsprechender Skepsis dürfte die NATO daher auf die Aussage des Gaddafi-Sohnes Seif al-Islam reagieren, es könne in Kürze Wahlen geben - kontrolliert sogar von der NATO.
Die libysche Führung ist nach eigenen Angaben bereit, in den kommenden Monaten Neuwahlen abzuhalten. Die Wahlen "könnten innerhalb von drei Monaten" stattfinden, "spätestens bis Ende des Jahres", sagte einer der Söhne von Machthaber Muammar al-Gaddafi, Seif al-Islam. "Und die Garantie für ihre Transparenz könnte die Präsenz internationaler Beobachter sein", fügte er hinzu.
Die libysche Führung werde keine Voraussetzungen für die Zugehörigkeit der Wahlbeobachter festlegen. "Wir akzeptieren die Europäische Union, die Afrikanische Union, die Vereinten Nationen, selbst die NATO. Wichtig ist, dass die Abstimmung sauber ist, dass es keinen Verdacht auf Unregelmäßigkeiten gibt." Er schlug zudem vor, einen "Mechanismus" einzurichten, um die Unbescholtenheit der Oppositionsführer zu prüfen.
Seif al-Islam zeigte sich überzeugt, dass die meisten Libyer bei Wahlen die jetzige Regierung unterstützen würden. Der Nationale Übergangsrat der Rebellen werde hingegen als "Marionette" der französischen Regierung angesehen. Im Falle einer Wahlniederlage werde sich die libysche Führung "zur Seite stellen". "Aber wir werden in Tripolis in unserem Haus bleiben. Niemand von uns wird fliehen. Wir wissen, wie wir uns verteidigen können."
Der Gaddafi-Sohn schlug vor, dass Frankreich bei einem politischen Wandel in Libyen helfen könnte. "Wir haben bereits informelle Kontakte mit Paris, aber bislang ohne Ergebnis", sagte er. Zudem berichtete Seif al-Islam, er pflege nach wie vor einen engen Kontakt zu seinem Vater. Seif al-Islam galt stets als möglicher Nachfolger Gaddafis. Er stand in den vergangenen Jahren für eine Öffnung des libyschen Machtapparats zum Westen und verfügt über viele Kontakte im Ausland. Jedoch hat sich bisher noch nicht gezeigt, dass sein Wort tatsächlich etwas bewirkt.
Hohe Kosten für Militärschlag
Unterdessen schlägt der US-amerikanische Militäreinsatz gegen das Gaddafi-Regime kräftig zu Buche: Die US-Regierung gibt die Kosten bis zum 3. Juni mit rund 714 Millionen Dollar, also etwa 500 Millionen Euro, an. Für humanitäre Hilfe innerhalb des Einsatzes wurde bislang hingegen nur rund eine Million Dollar ausgegeben.
Nach Regierungsangaben wurden seit Mitte März mehr als 10.000 Luftangriffe geflogen, drei Viertel davon von NATO-Partnern der USA. 20 Schiffe, allesamt europäisch oder kanadisch, setzen das Waffenembargo gegen Libyen durch. Die USA stellten unterdessen rund 70 Prozent der geheimdienstlichen Kapazität und den größten Teil bei der Betankung der eingesetzten Kampfflugzeuge bereit.
Das Weiße Haus wies die aufgeflammte Kritik mehrerer Kongressabgeordneter gegen Präsident Barack Obama wegen der Beteiligung der USA am Militäreinsatz zurück. Obama habe nicht gegen Gesetze verstoßen, heißt es. Zehn Abgeordnete hatten Obama verklagt, weil er ihrer Meinung nach beim Kongress eine Genehmigung für den Waffengang hätte einholen müssen.
An der Klage gegen Obama beteiligen sich Kongressmitglieder der Demokraten wie auch der oppositionellen Republikaner. "Wir haben die Gerichte angerufen, um das amerikanische Volk vor den Folgen dieser illegalen Politik zu schützen", teilte der demokratische Abgeordnete Dennis Kucinich mit.
Nach dem War Powers Act von 1973 muss sich ein Präsident binnen 60 Tagen vom Kongress grünes Licht für Militäreinsätze eingeholt oder die Truppen innerhalb von 90 Tagen abgezogen haben. Der Einsatz gegen das Regime Gaddafi hatte am 19. März begonnen. Nach Darstellung des Weißen Hauses handelte Obama aber nicht widerrechtlich, weil die Rolle der USA begrenzt sei und Soldaten nicht in dauerhafte Kampfhandlungen oder am Boden eingesetzt seien.
US-amerikanische Präsidenten haben das vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges erlassene Gesetz bislang weitgehend mit der Begründung ignoriert, es stehe nicht im Einklang mit den verfassungsmäßigen Rechten des Präsidenten.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP