Konvoi reist unbehelligt von NATO Gaddafi vielleicht schon in Niger
06.09.2011, 21:20 Uhr
Es wird gemunkelt, man habe um des Friedens willen Gaddafi ziehen lassen.
(Foto: REUTERS)
Über den Verbleib von Muammar al-Gaddafi gibt es immer neue Gerüchte. Ein Militär-Konvoi, der die Grenzen von Libyen nach Niger passiert haben soll, sorgt für Aufregung. Saß Gaddafi darin? Die USA sehen dafür keine Anhaltspunkte, obgleich der Konvoi offensichtlich gegen das UN-Reiseverbot verstoßen habe. Zum Eingreifen sah die NATO keinen Anlass. Der Widerstand der Gaddafi-Getreuen bröckelt indes weiter.
In Libyen haben sich Getreue des gestürzten Machthabers Muammar Gaddafi in einer Massenflucht durch die Wüste in den Niger abgesetzt. Unklar ist bislang, ob auch Gaddafi in dem Militärkonvoi aus 200 bis 250 Fahrzeugen war, der am Montagabend die Wüstenstadt Agadez im Niger erreichte. Spekuliert wurde, ob Gaddafi nach geheimer Absprache die Flucht aus seiner Heimat erlaubt worden sei, damit die Kämpfe ein Ende haben.
Die USA sehen momentan keine Anhaltspunkte für eine Flucht Gaddafi ins Nachbarland. In dem Konvoi seien "hohe Verantwortliche des Regimes" in den Niger gereist, sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, in Washington. "Wir glauben nicht, dass Gaddafi unter ihnen war." Es gebe keine Hinweise darauf, dass sich Gaddafi irgendwo anders aufhalte als in Libyen. Sie gehe aber davon aus, dass für alle Passagiere des Konvois ein Reiseverbot der Vereinten Nationen bestanden habe, sagte die Sprecherin
Nach Angaben des libyschen Übergangsrates haben Reste der Armee Gaddafis auch Teile der Goldreserven des Landes auf ihrer Flucht über die südliche Landesgrenze mitgenommen.
Gaddafi und sein Sohn Saif al-Islam würden möglicherweise mit dem Konvoi den Niger auf dem Weg nach Burkina Faso durchqueren, sagte indes ein Mitarbeiter der französischen Armee. Burkina Faso grenzt an den Niger und hat Gaddafi und seiner Familie Asyl angeboten. In dem westafrikanischen Staat widersprach allerdings ein Mitarbeiter aus der Umgebung des Präsidenten: Ihm sei keine Vereinbarung bekannt, nach der Gaddafi in Burkina Faso aufgenommen werden solle. Der 69-Jährige hatte in seiner Zeit an der Spitze des libyschen Staates dem bitterarmen Burkina Faso wiederholt großzügige Unterstützung gewährt.
Niger: Gaddafi war nicht dabei
Der Außenminister Nigers, Bazoum Mohamed, sagte dem Sender Al-Arabija, Gaddafi sei nicht in dem Konvoi gewesen. Dies widersprach jedoch nicht Angaben aus französischen Militärkreisen, dass Gaddafi und sein Sohn möglicherweise später zu der Fahrzeugkolonne stoßen wollten. Beobachter gingen davon aus, dass die Flucht der Fahrzeugkolonne der NATO nicht entgangen seien kann. Da die Militärfahrzeuge nicht angegriffen wurden, wurde spekuliert, ob die Flucht der Kämpfer und möglicherweise Gaddafis stillschweigend geduldet wurde. Diese Darstellungen wurden von offizieller Seite zurückgewiesen. Das französische Außenministerium teilte mit, man wolle nicht zulassen, dass Gaddafi entkommen könne.
Ein Sprecher Gaddafis hatte am Montag erklärt, der 69-Jährige erfreue sich einer hervorragenden Gesundheit und sei in Libyen. Er sei sehr guten Mutes.
Gaddafis Frau bereits in Algerien
Nach Angaben aus Militärkreisen ist es möglich, dass der Konvoi bereits eine Irrfahrt hinter sich hat. Demnach wurden die Fahrzeuge an der Grenze zu Algerien abgewiesen. Algerien hat bereits Gaddafis Frau, seine Tochter und zwei seiner Söhne aufgenommen. Der libysche Übergangsrat hatte dagegen scharf protestiert.
Flucht mit Gold, Euro und Dollar

Er hat es nicht in den Konvoi geschafft: Ahmed Abdallah Oun, General und Chef der Militärschule unter Gaddafi, ist in den Händen der Rebellen.
(Foto: Reuters)
Auch ein zweiter, nur aus rund zehn Fahrzeugen bestehender Konvoi soll nach Angaben des siegreichen Übergangsrates Montagnacht die Grenze in den Niger überquert haben. Die Fahrzeuge seien mit Gold, Euro und Dollar beladen gewesen, sagte der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des regierenden Übergangsrates, Fathis Badscha. Bei der Flucht hätten auch Tuareg-Nomaden geholfen, die beiderseits der Grenze siedelten. Der Sprecher des Rates, Abdel Hafis Ghoga, bestätigte, die Gaddafi-Kämpfer hätten das Geld aus einer Filiale der libyschen Zentralbank in Sirte mitgenommen.
Sirte zählt neben Bani Walid zu den wenigen Städten, die noch von Gaddafi-Kämpfern gehalten werden. Im Osten der Küstenstadt Sirte kam es zu heftigem Artillerie-Beschuss, berichteten Kämpfer. Auch Raketen seien abgefeuert worden. In Bani Walid wurden die Verhandlungen mit den Stammesführern über eine friedliche Übergabe der Stadt wieder aufgenommen. In der Wüstenstadt war Gaddafi vermutet worden. Nachdem mit dem Konvoi offenbar führende Persönlichkeiten der gestürzten Regierung geflohen seien, hofften die Kämpfer des Rates, dass die Stadt ohne Blutvergießen besetzt werden könne. Derzeit drehen sich die Verhandlungen um eine Generalamnestie für Gaddafis Anhänger.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts