Kandidatengespräch Gauck und Wulff unter sich
20.06.2010, 10:48 Uhr
Wer zieht ein ins Schloss Bellevue? Mitarbeiter der Satire-Fernsehsendung "extra 3" des NDR haben schon mal ein Schild aufgestellt.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Er ist auf seine Weise geeignet, wie ich auf meine Weise geeignet bin", so der Kandidat von SPD und Grünen für das Amt des Bundespräsidenten, Gauck, nach einem Vieraugen-Gespräch mit dem Bewerber von Union und FDP, Wulff. Derweil wird weiter diskutiert, ob die Mitglieder der Bundesversammlung "frei" sind in ihrer Entscheidung. Und Gauck denkt an Hochzeit.
Die beiden Bewerber für das Amt des Bundespräsidenten, Joachim Gauck und Christian Wulff, haben sich zu einem vertraulichen Gespräch getroffen. Gauck, den SPD und Grüne nominiert haben, sagte der "Bild am Sonntag", er habe sich kürzlich "unter vier Augen" mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten getroffen. Er habe den CDU-Politiker als "angenehm" erlebt und halte ihn für einen geeigneten Bundespräsidenten. "Er ist auf seine Weise geeignet, wie ich auf meine Weise geeignet bin", so Gauck.

Gauck-Anhänger demonstrieren in Hamburg. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass jedes Mitglied der Bundesversammlung ohne Fraktionszwang wählt.
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Zugleich wies der frühere DDR-Bürgerrechtler Vorwürfe zurück, SPD und Grüne hätten ihn nur nominiert, um Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu ärgern. Auf die Frage, ob er sich von Rot-Grün missbraucht fühle, sagte er: "Wenn ich den Eindruck gewonnen hätte, dass man mich ausschließlich nominiert hätte, um andere verlegen zu machen, dann hätten Sie recht." Zahlreiche Signale aus Union und FDP sowie von Bürgern und Öffentlichkeit brächten ihn aber zu der Überzeugung, "dass meine Kandidatur Sinn macht".
Gauck ließ zugleich Zweifel erkennen, dass er von SPD und Grünen auch dann nominiert worden wäre, wenn beide Parteien in der Bundesversammlung eine Mehrheit hätte: "Meine Intelligenz reicht aus, um taktische Vorhaben zu durchschauen. Aber meine Unhöflichkeit ist nicht so groß, dass ich diejenigen, die mich nominiert haben, jetzt so interpretiere."
Bei der Wahl in der Bundesversammlung am 30. Juni lehnt Gauck auch Stimmen von der Linkspartei nicht ab. "Jeder, der die politische Aufklärung so liebt wie ich, ist mir willkommen." Eine Aufforderung an die Wahlleute der Linkspartei, ihn nicht zu wählen, will er nicht aussprechen: "Ich gehöre nicht zu denen, die die Würde von Wahlfrauen und -männern missachten." Außerdem glaube er, dass er auf Unterstützer aus der Linkspartei nicht angewiesen ist. "Ich denke, dass die Stimmen, die ich für einen Erfolg brauche, von FDP und Union kommen werden. Denn deren politischen Wertvorstellungen stehe ich sehr viel näher", sagte Gauck.
Keinerlei Druck!
Auch Wulff betonte die Unabhängigkeit der Mitglieder der Bundesversammlung. Auf sie werde keinerlei Druck ausgeübt, sagte er der "Welt am Sonntag" mit Blick auf die Wahlmänner und -frauen von CDU/CSU und FDP. "Alle wählen in freier und geheimer Wahl, und jeder muss seine und jede muss ihre Stimmabgabe mit sich ausmachen. Das schafft die Rückenstärkung für den gewählten Bundespräsidenten."
Wulff sagte, er könne der Forderung des früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU), den Delegierten freizustellen, wen sie zum Bundespräsidenten wählen, in weiten Teilen folgen. Biedenkopf weise zu Recht darauf hin, dass es kein Junktim geben dürfe zwischen der Wahl des Bundespräsidenten und der Entscheidung, ob eine bestimmte Regierungskoalition weiterregiere oder nicht. "Die Parteispitzen von Union und FDP trennen die Präsidentenwahl strikt von anderen politischen Fragen. Das Junktim zwischen Präsidentenwahl und Bestand der schwarz-gelben Koalition ist eher eine Spekulation in der Öffentlichkeit", meinte Wulff.
Keinerlei Druck?
Dagegen verlangte CSU-Vize Peter Ramsauer von den Unions- und FDP-Vertretern in der Bundesversammlung absolute Disziplin. Sie sollten den Kandidaten von Schwarz-Gelb bereits im ersten Wahlgang wählen, sagte er dem Magazin "Focus". "Die Bundespräsidentenwahl ist kein geeigneter Gegenstand zum Zündeln, das verbietet schon der Respekt vor dem Amt", sagte der Bundesverkehrsminister. "Die Wahlmänner und frauen von CDU, CSU und FDP müssen wissen, worum es geht."
Auch Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel rief Union und FDP zur geschlossenen Unterstützung Wulffs auf. "Es wird wichtig sein, dass Wulff von uns gewählt" werde, sagte sie bei einer Parteikonferenz in Berlin.
Sie schätze persönlich zwar auch den Gegenkandidaten Gauck und wisse, was dieser für das Land geleistet habe. Sie könne allerdings nicht akzeptieren, wenn SPD und Grüne nun den Eindruck erweckten, nur jemand, der sein Leben außerhalb von Parteien verbracht habe, verfüge über eine Biografie. Diese Position dürfe man nicht durchgehen lassen. Der "Dienst in Parteien" sei nichts Minderwertiges.
Spätere Hochzeit nicht ausgeschlossen
Für den Fall seiner Wahl denkt Gauck sogar an eine Hochzeit mit seiner Lebensgefährtin Daniela S. "Aus der Fernbeziehung würde dann eine Nahbeziehung werden. Schnelle Heirat ist ausgeschlossen, spätere nicht unbedingt", sagte Gauck der "Bild am Sonntag". Zuvor müsste ohnehin noch die frühere Ehe Gaucks formal beendet werden. "Ich bin juristisch nicht geschieden, sondern wie man in Berlin seit 1991 weiß, dauernd getrennt lebend", sagte der frühere DDR-Bürgerrechtler.
Auch in der Zeitschrift "Super-Illu" sprach Gauck über eine Hochzeit mit der 20 Jahre jüngeren Journalistin Daniela S. aus Nürnberg. "Sie können davon ausgehen, dass wir uns darüber Gedanken machen", sagte der 70-Jährige dem Blatt zufolge.
Klar sei jetzt schon, dass Daniela S. im Fall seiner Wahl mit ins Schloss Bellevue in Berlin einziehen würde. "Sie würde sich freuen, in diesem Fall an meiner Seite zu stehen und alles, was das Amt braucht, als Begleiterin auch zu leisten", sagte Gauck.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP