Politik

Binnenmarkt gegen Umfragen Gen-Food wird Chefsache

Einige EU-Staaten wollen angesichts der großen Skepsis in der Bevölkerung grundsätzlich keine genetisch veränderten Organismen (GVO) mehr zulassen. "Einige Länder wollen sich GVO-frei erklären können", sagte die französische Umwelt-Staatssekretärin Nathalie Kosciusko-Morizet nach dem Treffen der EU-Umweltminister in Paris. Dies wünschten sich vor allem Inselstaaten. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas erklärte Diplomaten zufolge jedoch, dies sei nicht möglich ohne eine Änderung des EU-Vertrages. Denn eine solche Ausstiegsklausel verletze das Prinzip des Binnenmarktes.

Kosciusko-Morizet schlug vor, das Thema auf die Agenda des Oktober-Gipfels in Brüssel zu setzen. Im Dezember sollen die 27 Staats- und Regierungschefs zu einem Beschluss kommen. Bis dahin werde eine Arbeitsgruppe versuchen, die Streitpunkte zu klären.

"Mehrheit immer dagegen"

"Eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten findet, dass das Zulassungsverfahren und die Kriterien überarbeitet werden müssen", sagte Kosciusko-Morizet. "Egal wo man eine Umfrage startet, immer ist eine Mehrheit der Bevölkerung gegen die Genpflanzen."

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel befürwortet nationale Ausnahmemöglichkeiten. Doch Deutschland müsse sie nicht in Anspruch nehmen, weil gesetzlich geregelt sei, unter welchen Bedingungen genetisch veränderte Pflanzen angebaut werden könnten. EU-Diplomaten zufolge wollen Griechenland, Zypern, Malta, Luxemburg und Österreich aus dem europaweiten Herangehen ausscheren.

Genehmigungssystem muss auf den Prüfstand

Das europaweite Genehmigungssystem für Einfuhr oder Anbau von Gen-Pflanzen solle auf den Prüfstand, sagte Kosciusko-Morizet. Dieses ist stark umstritten, denn regelmäßig erklärt die zuständige wissenschaftliche Agentur GVO für unbedenklich, während die Mitgliedsländer und die EU-Kommission gespalten wegen der Unklarheit über Gefahren für Gesundheit und Umwelt sind. Nach Umfragen ist eine Mehrheit der Bevölkerung gegen genetisch veränderte Produkte, 70 Prozent lehnen solche Lebensmittel ab. Im EU-Ministerrat kommt es dagegen regelmäßig zum Patt von Befürwortern und Gegnern der Gentechnik. Inzwischen liegen bereits mehrere Verfahren zum Ärger der Industrie wegen der Zerrissenheit über die Gentechnik in der EU auf Eis.

Auch Gabriel kritisierte das Hin und Her, das der Bevölkerung nicht mehr zu vermitteln sei. "Was wir heute betreiben, ist organisierte Unverantwortlichkeit", sagte er. Jeder könne sich hinter jedem verstecken und am Ende zeigten alle mit dem Finger auf die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit. Die EFSA bewertet aus wissenschaftlicher Sicht die Gefahren für die Gesundheit. Ihre Arbeit soll nun verbessert werden. So sollen die Experten auch die langfristigen Folgen für Gesundheit und Umwelt eingehender überprüfen. Bei ihrer Bewertung sollen sie außerdem die Einschätzungen von gentechnikkritischen Organisationen und Forschern einbeziehen.

Quelle: ntv.de

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