Baustelle Afghanistan Gertz geht mit Kritik
20.11.2008, 15:42 UhrDer Deutsche Bundeswehrverband hat dem deutschen und dem internationalen Einsatz in Afghanistan ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. "Wir sind mit den Ergebnissen des zivilen Wiederaufbaus und der Stabilisierung alles andere als zufrieden", kritisierte der Vorsitzende Bernhard Gertz bei seinem letzten großen Auftritt als Chef des Bundeswehrverbands.
Gertz forderte zusätzliche Anstrengungen bei der Polizeiausbildung und der Verbesserung der Lebensverhältnisse. Der Kampf gegen den Terror sei nur zu gewinnen, wenn man die Bevölkerung für sich gewinnt und wenn in dem Land eine selbsttragende Sicherheitsstruktur entsteht.
"Ausgesprochenes Missverhältnis"
"Wenn wir im siebten Jahr unserer Anwesenheit eine schlechtere Sicherheitssituation haben als in der Zeit davor, dann müssen wir uns fragen, woran das liegt", sagte Gertz, der sein Amt an der Spitze der Soldaten-Gewerkschaft Anfang Dezember nach 15 Jahren abgibt.
Zum wiederholten Mal warnte Gertz vor der Einschätzung, der Anti-Terror-Kampf am Hindukusch sei militärisch zu gewinnen. Deutschland habe in den vergangenen Jahren rund 2,9 Milliarden Euro für die militärische Präsenz in Afghanistan ausgegeben, aber nur 950 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Landes. Das sei ein "ausgesprochenes Missverhältnis".
Deutschland muss mehr Polizisten ausbilden
Erhebliche Defizite sieht Gertz auch bei der Ausbildung der afghanischen Polizei. 157 Ausbilder seien für ein Land dieser Größe viel zu wenig. Notfalls müsse Deutschland daher über zusätzliche Kapazitäten bei der Bundespolizei nachdenken sowie über eine "Task Force" für den Wiederaufbau. "Wenn wir mitdrehen wollen am großen Rad im Kampf gegen den Terrorismus, dann müssen wir auch die Mittel und Fähigkeiten entwickeln, die dazu erforderlich sind."
Ulrich Kirsch, der Gertz an der Spitze des Bundeswehrverbands beerben soll, richtete den Blick zudem auf Pakistan. Zum einen müsse die afghanische Armee in die Lage versetzt werden, das Eindringen von Aufständischen über die pakistanisch-afghanische Grenze selber zu verhindern. Darüber hinaus müsse die internationale Staatengemeinschaft auch die Lage in Pakistan verbessern, um dort "die Herzen und Köpfe der Menschen" zu gewinnen. "Das ist aus meiner Sicht die einzige Chance, die wir haben."
Quelle: ntv.de