Verlässt Griechenland den Euro? Gespräche in Athen stocken
13.05.2012, 23:15 Uhr
Er könnte das Zünglein an der Waage sein: Fotis Kouvelis, der Präsident der Demokratischen Linken (Dimar).
(Foto: AP)
Das Tauziehen in Griechenland hält an, bislang spricht nichts dafür, dass der Schuldenstaat bald eine Regierung haben wird. Klar ist, dass Griechenland auch nach einem Austritt aus der Euro-Zone Geld aus dem europäischen Rettungsschirm erhalten würde. Und dass es auch für Deutschland teuer würde.
Die Gespräche des griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias zur Bildung einer Regierung sind am Sonntagabend ohne greifbares Ergebnis geblieben. "Wir machen morgen weiter", sagte Papoulias nach mehrstündigen Verhandlungen mit Vertretern der verschiedenen Parteien.

Fotografieren lässt Alexis Tsipras sich gern bei seinen Auftritten beim griechischen Präsidenten. Verantwortung übernehmen? Lieber nicht.
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Einen Durchbruch gebe es noch nicht, betonte der Chef der Demokratischen Linken (Dimar), Fotis Kouvelis, der als letzter beim Staatspräsidenten war. Wann und in welcher Zusammensetzung die Gespräche an diesem Montag fortgesetzt werden sollen, blieb offen. Neuwahlen müssten spätestens am 17. Juni stattfinden.
Syriza will nicht mitregieren
Eine Schlüsselrolle hat der Chef der linksradikalen Syriza, Alexis Tsipras, der die Bildung einer breiten Koalition in Griechenland erneut energisch ablehnt. Konservative, Sozialisten und Dimar hätten zusammen 168 Abgeordnete im 300 Sitze umfassenden Parlament und könnten auch ohne seine Partei problemlos regieren, sagte Tsipras nach seinem Treffen mit Papoulias. Ihre Forderung an sein Bündnis, unbedingt an dieser Regierung teilzunehmen, sei absurd und "unlogisch". Das Sparprogramm, zu dem EU und andere internationale Geldgeber Griechenland gezwungen hätten, sei "barbarisch".
Syriza war aus der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag als zweitstärkste Kraft hinter den Konservativen und vor den Sozialisten hervorgegangen. Schon in der vergangenen Woche waren alle Sondierungsbemühungen am erbitterten Widerstand von Tsipras gescheitert. Auch im Umfeld der konservativen Nea Dimokratia (ND) war nach dem Treffen im Amtssitz des Staatspräsidenten von einer Sackgasse die Rede. Er habe noch "eine kleine Hoffnung", sagte Sozialistenchef Evangelos Venizelos.
Demokratische Linke will nicht ohne Syriza
Dimar dementierte unterdessen Berichte, sie habe mit ND und sozialistischer Pasok eine Regierungsbildung vereinbart. "Das ist Verleumdung und eine Lüge", erklärte die Partei zu vorherigen Angaben der rivalisierenden Syriza-Partei.
Syriza-Chef Tsipras hatte gesagt, drei andere Parteien hätten sich darauf verständigt, für zwei Jahre eine Regierung zu bilden und den von den internationalen Geldgebern verlangten "kriminellen" Sparkurs fortzusetzen. "Das sind unmoralische Gerüchte", sagte eine Mitarbeiterin des Präsidenten der Demokratischen Linken. Kouvelis selbst bekräftige, seine Partei werde nicht an einer Regierung allein mit den Konservativen und den Sozialisten teilnehmen.
72 Prozent der Griechen fordern in einer repräsentativen Umfrage, dass die Parteien alles unternehmen sollten, damit eine tragfähige Regierung gebildet werden kann. Noch mehr, nämlich 78 Prozent, sprechen sich für einen Verbleib im Euroland aus. Die Umfrage wurde am Sonntag in der Athener Zeitung "To Vima" veröffentlicht.
Austritt wäre teuer für Deutschland
Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone würde den deutschen Steuerzahler nach verschiedenen Berechnungen mehr als 65 Milliarden Euro kosten. Allerdings gelten diese Zahlen als reine Schätzungen. Die Annahme ist, dass mit einer Rückkehr zur Drachme Griechenland zahlungsunfähig würde und seine Schulden gar nicht mehr bedient.
Ökonomen von ifo-Institut und Deutscher Bank kommen laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" auf bis zu 80 Milliarden Euro, die der Deka-Bank laut "Welt" auf mindestens 86 Milliarden Euro, der "Spiegel" auf 66 Milliarden Euro und die "WirtschaftsWoche" auf 77 Milliarden Euro.
Die Summe ergibt sich aus bilateralen Hilfskrediten für Athen und dem Anteil Deutschlands an Krediten des Euro-Rettungsfonds EFSF und des Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie an Verlusten der Europäischen Zentralbank (EZB), die größter Gläubiger Griechenlands ist.
Griechenland würde weiter Geld bekommen
Im Falle eines Austritts aus der Euro-Zone soll Griechenland weiter Geld aus dem europäischen Rettungsschirm EFSF erhalten. Dies sähen Pläne des Bundesfinanzministeriums vor, um die Folgen eines Euro-Austritts zu mildern, berichtet der "Spiegel" unter Verweis auf Pläne des Bundesfinanzministeriums.
Der Rettungsschirm solle danach nur die Zahlungen streichen, die direkt an den Haushalt Griechenlands gehen. Die Milliarden, mit denen die Staatsanleihen bedient werden, die die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen ihrer Rettungsmaßnahmen übernommen hat, sollen indes weiter fließen. So könnten Verluste verhindert werden, die letztlich die Haushalte der Mitgliedsstaaten träfen.
Auch wenn die Griechen keine Hilfe mehr aus den Rettungstöpfen der Euro-Länder erhalten, sollen sie nach den Überlegungen des Finanzministeriums nicht sich selbst überlassen bleiben, wie der "Spiegel" berichtet. Bleibe Griechenland Mitglied der EU, habe es Anspruch auf Hilfen aus Brüssel wie alle anderen EU-Länder mit eigener Währung, die in Schieflage geraten. Diese Mittel würden dann nicht mehr nur von den Euro-Ländern finanziert, sondern von allen 27 EU-Mitgliedsstaaten.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP