Verschärfte Grenzkontrollen Gewerkschaft der Polizei empört
21.04.2012, 12:01 Uhr
Ein italienischer Polizist bewacht in Lampedusa Flüchtlinge aus Nordafrika.
(Foto: dpa)

So einfach soll man nicht immer nach Deutschland kommen, findet Innenminister Friedrich.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ausgerechnet kurz vor der Wahl in Frankreich schlagen Deutschlands und Frankreichs Innenminister schärfere Kontrollen im Schengen-Raum vor. Die deutschen Oppositionsparteien und die FDP vermuten schon eine Wahlkampfhilfe durch die Hintertür für Präsident Sarkozy. Die Gewerkschaft der Polizei warnt vor einer Aushebelung des EU-Vertrags.
Die deutsch-französische Forderung nach einer Verschärfung der Regeln für Grenzkontrollen im Schengen-Raum ist bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) auf scharfe Kritik gestoßen. Damit werde der Sinn des EU-Vertrags in seinen Grundfesten ausgehebelt, sagte Gewerkschaftschef Bernhard Witthaut dem "Hamburger Abendblatt". Er wies zudem darauf hin, dass nach dem ein großer Teil der 10.000 Grenzbeamten an anderen Stellen eingesetzt worden sei. "Das lässt sich nicht so einfach rückgängig machen, wenn man dafür gerade einen Anlass sieht."
Witthaut bezweifelte zudem die Wirksamkeit der vorgeschlagenen befristeten Grenzkontrollen. "Menschenhändler, illegale Einwanderer und Schleuser warten einfach, bis die 30 Tage Kontrollen um sind."
In einem gemeinsamen Brief an die dänische EU-Ratspräsidentschaft hatten sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und sein französischer Kollege Claude Guéant dafür ausgesprochen, dass die Schengen-Länder als "ultima ratio" für 30 Tage ihre Grenzen kontrollieren dürfen, wenn ein Land seinen Pflichten zum Grenzschutz nicht nachkommt. Diese Entscheidung sollen die nationalen Regierungen treffen können, ohne dass Brüssel grünes Licht geben muss.
Politiker von SPD, Grünen, Linken und FDP vermuteten bereits am Freitag angesichts des Vorstoßes der beiden Minister, dass die Bundesregierung damit wenige Tage vor der ersten Runde der Amtsinhaber Nicolas Sarkozy unterstützen wolle. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte nun dem "Hamburger Abendblatt": "Mit rechtspopulistischer Rhetorik gegen Flüchtlinge soll die aussichtslose Lage des französischen Präsidenten verbessert werden." Das Schicksal der Flüchtlinge, die ihr Leben auf dem Mittelmeer riskierten, sei der Bundesregierung "herzlich egal".
Brief macht Westerwelle sauer
Außenminister Guido Westerwelle stellte klar, dass an der Reisefreiheit grundsätzlich nicht gerüttelt werde. "Die Reisefreiheit ist eine der wichtigsten und für die Bürger erlebbaren Errungenschaften des europäischen Einigungsprozesses", erklärte Westerwelle. "Eine Infragestellung der Reisefreiheit kommt für die Bundesregierung ebenso wenig in Betracht wie eine Renationalisierung."
Aus dem Umfeld Westerwelles hieß es, der Außenminister sei alles andere als glücklich über das Timing des Vorstoßes Friedrichs wenige Tage vor den französischen Präsidentschaftswahlen. Westerwelle hatte wiederholt vor zu viel deutscher Einmischung in den Wahlkampf des Nachbarlandes gewarnt und zur Zurückhaltung gemahnt.
EU prüft Regelungen ohnehin
Nach dem Schengen-Abkommen werden in 26 Ländern Europas die Grenzen grundsätzlich nicht mehr kontrolliert. Es gibt aber bereits heute Ausnahmen, bei denen zeitweise Grenzkontrollen möglich sind, zum Beispiel zum Schutz von Großereignissen.
Quelle: ntv.de, AFP