Politik

Syrien kündigt "freie Wahlen" an Golfstaaten fordern Reformen

Demonstranten in Maarat Al-Numan.

Demonstranten in Maarat Al-Numan.

(Foto: Reuters)

Der Golf-Kooperationsrat gibt seine Zurückhaltung teilweise auf, betont die "Notwendigkeit echter Reformen" in Syrien und fordert eine sofortige Beendigung aller bewaffneten Aktionen. Das Regime um Machthaber Assad kündigt "freie und transparente Wahlen" an. Derweil geben die USA eine Reisewarnung für das Land heraus. Grünen-Fraktionschef Trittin fordert die EU auf, künftig kein Öl mehr aus Syrien zu importieren.

Das brutale Vorgehen des syrischen Regimes gegen seine eigenen Bürger lässt auch die eher konservativen Golfstaaten nach Reformen im arabischen Bruderland rufen. Das Blutvergießen müsse enden und die Bestrebungen der Bürger müssten anerkannt werden, erklärte der Golf-Kooperationsrat (GCC).

Der weltweit gefeierte arabische Dichter Adonis verlangte in einem Interview, dass Präsident Baschar al-Assad die Macht abgibt. Auch in den Augen des deutschen Außenministers Guido Westerwelle gibt es für den ersten Mann in Damaskus "keine Zukunft" mehr.

Verwüstung in den Straßen der syrischen Stadt Hama.

Verwüstung in den Straßen der syrischen Stadt Hama.

(Foto: dpa)

Adonis machte Scharfmacher im Machtzirkel um Assad für die Eskalation der Gewalt verantwortlich. "Es gibt Radikale im Inneren seines Regimes, die alles oder nichts wollen. Sie sind zum Scheitern verurteilt." Zugleich ging er mit den syrischen Regimegegnern ins Gericht, die Geschlossenheit und strategischen Weitblick vermissen ließen. "Diese Opposition vermochte nicht einmal, sich auf grundlegende Fragen zu einigen, wie etwa die Trennung von Staat und Religion."

"Sicherheit, Stabilität und Einheit"

Die GCC-Staaten seien besorgt über das andauernde Blutvergießen und die massive Anwendung von Gewalt in Syrien, hieß es in der Erklärung, die vom GCC-Generalsekretariat in Riad veröffentlicht wurde. Die Golfstaaten bekundeten darin ihr Interesse an der "Sicherheit, Stabilität und Einheit Syriens". In der Organisation sind Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Katar, Kuwait und Oman zusammengeschlossen.

Die Erklärung verlangt "die sofortige Beendigung aller bewaffneten Aktionen, ein Ende des Blutvergießens sowie Besonnenheit". Sie betont die "Notwendigkeit echter Reformen, die die Rechte des syrischen Volkes bewahren und seine Bestrebungen anerkennen".

Syriens Präsident Assad lässt sich von den weltweiten Protesten nicht beeindrucken.

Syriens Präsident Assad lässt sich von den weltweiten Protesten nicht beeindrucken.

(Foto: dpa)

In Syrien demonstrieren Teile der Bevölkerung seit Mitte März für politische Reformen und das Ende des Assad-Regimes. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten töteten die syrischen Sicherheitskräfte bei der Unterdrückung der Proteste fast 2000 Menschen.

Angesichts der anhaltenden Gewalt in Syrien forderte Washington alle US-Bürger zur sofortigen Ausreise auf. Sie sollten das Land "sofort" verlassen, solange es noch kommerzielle Flüge gebe, hieß es in einer Reisewarnung des US-Außenministeriums. Die "Auflagen" der syrischen Regierung machten es für das Botschaftspersonal schwer, das Risiko angemessen einzuschätzen. Es könne im ganzen Land jederzeit und ohne Vorwarnung zu Demonstrationen kommen - nicht nur wie zuletzt nach den

Wahlen angekündigt

Als Reaktion auf die Proteste stellte Syriens Außenminister Walid el Muallim "freie und transparente Wahlen" noch in diesem Jahr in Aussicht. Diese Wahlen würden in Syrien ein Parlament hervorbringen, das den Willen des Volkes vertrete, sagte er Berichten der Nachrichtenagentur Sana zufolge bei einem Treffen mit Botschaftern in Damaskus. Grundlage der neuen Volksvertretung sei dann das "durch das Parteiengesetz garantierte Mehrparteiensystem".

Die syrische Führung halte am Reformprozess und den von Staatschef Assad angekündigten Maßnahmen fest, sagte Muallim weiter. Der einzige Weg aus der derzeitigen Krise sei ein "nationaler Dialog". Dass dieser nicht funktioniere, liege einzig und allein an der "negativen Haltung" der Opposition. Assad hatte am Donnerstag per Dekret die Gründung neuer Parteien erlaubt. Die Zulassung politischer Parteien und damit einhergehende Schaffung eines Mehrparteiensystems ist eine der Hauptforderungen der Protestbewegung. Den neuen Regeln zufolge dürfen neue Parteien aber nicht religiös oder auf Stammesgruppierungen ausgerichtet sein und auch nicht aus dem Ausland unterstützt werden. Den Demonstranten gehen die Reformen nicht weit genug.

Westerwelle (FDP) rechnet derweil nicht mit einer Beruhigung der Lage in Syrien. "Die massive Anwendung von Gewalt zeigt, dass das Regime für seinen Machterhalt vor nichts zurückschreckt", sagte der Minister der "FAS". "Wir müssen während des Fastenmonats Ramadan mit einer weiteren Verschlechterung der Lage rechnen." Das könne die Stabilität in der ganzen Region erschüttern.

Trittin fordert Importstopp von Öl

Demonstranten gehen im Libanon gegen Assad auf die Straße.

Demonstranten gehen im Libanon gegen Assad auf die Straße.

(Foto: AP)

Günen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte die Europäische Union auf, künftig kein Öl mehr aus Syrien zu importieren. Damit solle der Druck auf das Regime von Präsident Baschar al-Assad erhöht werden, das seit Monaten mit großer Brutalität gegen die Opposition im Land vorgeht.

"Ein vollkommener Stopp der Ölimporte aus Syrien würde das Regime in Damaskus viel wirksamer treffen als ein paar Reiseverbote für seine Funktionäre", sagte Trittin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Syrien beziehe fast ein Viertel seiner Einnahmen aus dem Export von Öl und Gas. Die Bundesregierung müsse sich für dieses Embargo in der EU stark machen, so Trittin.

Türkei fängt Waffen ab

Die Türkei fing eine für Syrien bestimmte Waffenlieferung aus dem Iran ab. Es lägen Informationen vor, dass ein Lkw mit Waffen sichergestellt worden sei, sagte Außenminister Ahmet Davutoglu der staatlichen Nachrichtenagentur Anatolien. Einzelheiten werde er zu gegebener Zeit nennen.

In Syrien gehen die Sicherheitskräfte seit Monaten trotz internationaler Kritik mit massiver Gewalt gegen die Opposition vor, die mit landesweiten Massenprotesten Präsident Baschar al-Assad zum Rücktritt zwingen will. Der US-Regierung zufolge sollen dabei bislang 2000 Demonstranten getötet worden sein. Der Iran ist ein enger Verbündeter der Führung in Damaskus. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden allein am Freitag in Syrien erneut mindestens 16 Menschenvon Sicherheitskräften getötet worden.

Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP

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