Politik

Radikale profitieren Griechen strafen Regierung ab

Ex-Außenminister Antonis Samaras (l) könnte nächster Ministerpräsident werden.

Ex-Außenminister Antonis Samaras (l) könnte nächster Ministerpräsident werden.

(Foto: AP)

Griechenlands Regierungsparteien erleben ein Debakel. In Scharen laufen die Wähler zu den radikalen Kräften über, die sich dem Sparkurs verweigern. Nea Dimokratia und Pasok, die Verhandlungspartner der internationalen Geldgeber, retten aber mit Mühe noch ihre eigene Mehrheit.

Bei der haben die Regierungsparteien, die hinter dem drastischen Sparkurs stehen, dramatische Verluste erlitten. Sowohl die konservative Nea Dimokratia als auch die sozialistische Pasok-Partei verloren massiv an Stimmen, großer Gewinner ist die linksradikale Partei Syriza, die Prognosen zufolge hinter der ND und vor der Pasok auf dem zweiten Platz landete. Erstmals schafften es die Neonazis ins Parlament.

Stärkste Kraft im neuen Parlament wurde den Prognosen zufolge Nea Dimokratia. Die Partei von kam aber nur noch auf 21 Prozent der Stimmen, bei der Wahl 2009 hatte sie noch 33,5 Prozent erzielt. Noch schlimmer traf es die Pasok-Partei von Ex-Finanzminister Evangelos Venizelos, die mit 14,7 Prozent auf dem dritten Platz landete. 2009 hatten 43,9 Prozent der Wähler für sie gestimmt.

Die beiden Traditionsparteien, die seit dem Ende der Militärdiktatur 1974 abwechselnd die Regierung stellten und seit November beide dem Übergangskabinett von Ministerpräsident Lucas Papademos angehören, wurden offensichtlich für die strikte Sparpolitik abgestraft, die dem hochverschuldeten Land von der EU und dem Internationalen Währungsfonds im Gegenzug für Milliardenhilfen auferlegt wurde.

Die Griechen gehen durch schwierige Zeiten

Die Griechen gehen durch schwierige Zeiten

(Foto: dpa)

Profitieren von der Unzufriedenheit der Bevölkerung konnten radikale Parteien auf beiden Seiten des politischen Lagers. Die Syriza erhielt 15,17 Prozent der Stimmen, ein explosionsartiger Zuwachs nach gerade einmal 4,6 Prozent beim Urnengang vor drei Jahren. Erstmals im Parlament in Athen vertreten sein wird den Prognosen zufolge die Neonazi-Partei Chryssi Avgi (Goldene Morgenröte) mit 6,7 Prozent der Stimmen.

Sparen, sparen, sparen

Rund 9,7 Millionen Griechen hatten unter dem Eindruck rigoroser Sparpläne und deutlicher Einschnitte in die Staatsausgaben ein neues Parlament gewählt. Während sich die bisher dominierenden Parteien Nea Dimokratia und Sozialisten für den Sparkurs und damit einen Verbleib in EU und Euro-Zone stark machten, warben linke und rechte Konkurrenten mit einer Lockerung der Vorgaben für das vom Staatsbankrott bedrohte Land.

Zentrales Thema im Wahlkampf war das umstrittene Sparprogramm, das für Millionen Griechen erhebliche Einschnitte bedeutet. Konservative und Sozialisten setzen sich für die Fortsetzung des Spar- und Stabilisierungskurses ein. "Die Griechen wählen heute für die Zukunft ihrer Kinder. Sie stimmen für Stabilität, für Wachstum, Sicherheit und Gerechtigkeit", sagte ND-Chef Samaras nach der Stimmabgabe im Fernsehen. Der Pasok-Vorsitzende Venizelos sagte: "Es sind die kritischsten Wahlen seit 1974 (Wiederherstellung der Demokratie in Griechenland)." Die Bürger sollten mit Vernunft und nicht unter dem Druck der Wut ihre Stimme abgeben.

Linke Traditionsparteien sowie extremistische Bündnisse am rechten und linken Rand des Parteienspektrums warben mit dem Versprechen, dass sie das von ausländischen Gläubigern diktierte Sparprogramm lockern könnten. "Das Volk schickt heute eine Nachricht an Europa", meinte der Chef des Bündnisses der Linken, Alexis Tsipras. Umfragen deuteten darauf hin, dass seine Partei starke Gewinne verbuchen könnte. Unzufriedene Sozialisten sollen sie gewählt haben. Es gebe keinen Platz für die "Barbarei der Sparprogramme" in Europa, sagte Tsipras im Fernsehen.

Schwierige Regierungsbildung

Der Urnengang in Griechenland wurde in ganz Europa mit Spannung erwartet, weil von seinem Ausgang der weitere Kurs des Landes angesichts der Schuldenkrise abhängt. Während ND und Pasok das von den internationalen Geldgebern geforderte Sparprogramm zumindest lockern wollen, haben andere Parteien wie beispielsweise Syriza angekündigt, sie wollten die mit der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF getroffene Vereinbarung ganz aufkündigen. Die Kommunistische Partei ihrerseits hatte im Wahlkampf gar den Ausstieg aus der Eurozone gefordert - für sie stimmten den Prognosen zufolge zwischen 7,5 und 9,5 Prozent der Wähler.

Angesichts des sich in den Prognosen abzeichnenden Ergebnisses war zunächst völlig unklar, wie eine künftige Regierung und damit der weitere Kurs des Landes in der Schuldenkrise aussehen dürfte. Bedingt durch das griechische Wahlrecht, das den Wahlsieger begünstigt, kommen die Koalitionsparteien aber auf eine knappe eigene Mehrheit. Nach Auszählung von etwa einem Drittel der Stimmen lagen sie bei 160 Sitzen. 151 Mandate sind für die absolute Mehrheit im griechischen Parlament nötig.

Der Pasok-Vorsitzende Evangelos Venizelos rief dazu, auf, die Konsequenzen des Sparprogramms zu tragen. "Eine Regierung der nationalen Einheit ist nötig", sagte der ehemalige griechische Finanzminister. Der scheidende Ministerpräsident Lucas Papademos zeigte sich zuversichtlich, dass das Land in der kommenden Woche eine neue Regierung haben wird. "Ich glaube ja", antwortete der Finanzexperte im griechischen Fernsehen auf eine entsprechende Frage. "Heute wird der Kurs des Landes für die nächsten Jahre definiert", fügte Papademos nach der Stimmabgabe hinzu. Ende Mai braucht Griechenland dringend wieder frisches Geld, um Staatsbedienstete und Renten zu bezahlen.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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