Politik

Verstaatlichung möglich HRE-Gesetz beschlossen

Die ums Überleben kämpfende Bank Hypo Real Estate (HRE) kann enteignet werden, falls ihre Aktionäre eine Rettungs-Übernahme durch den Staat blockieren. Der Bundestag billigte das umstrittene Banken-Enteignungsgesetz mit der Mehrheit der Großen Koalition.

Wenn auch der Bundesrat Anfang April zustimmt, kann in Deutschland erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine marode Bank zwangsverstaatlicht werden. Eine Enteignung soll aber nur die letzte Möglichkeit sein, wenn zuvor andere Rettungsmaßnahmen oder eine Verhandlungslösung gescheitert sind.

Mit Ja stimmten 379 Abgeordnete, 107 waren dagegen, 46 enthielten sich. Union und SPD verteidigten den Schritt, der das Institut und die massiven Staatshilfen sichern soll. Die FDP warf der Koalition eine Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft vor. Die Linkspartei hält die Pläne für unzureichend. Die Grünen, die sich bei der Abstimmung über das "Rettungs-Übernahmegesetz" enthielten, sehen mangelnde Transparenz. Gemeinsam warfen Grüne, Linke und Koalitionspolitiker der FDP vor, Interessen von Aktionären zu schützen, die sich verspekuliert haben, nicht aber Interessen der Steuerzahler.

"Eingriff in Grundrecht"

Die FDP lehnt den Gesetzentwurf vehement ab. Ihr Finanzexperte Hermann Otto Solms warf der Bundesregierung vor, in ein Grundrecht einzugreifen. "Auch wir sind dafür, dass ein Zusammenbruch der HRE-Bank verhindert wird", sagte Solms bei n-tv. Das gehe jedoch auch "mit normalen Mitteln des Zivilrechtes". Eine Enteignung stelle "die Eigentumsgarantie nach Artikel 14" in Frage. "Welcher internationale Investor würde noch in Deutschland investieren wollen, wenn er wüsste: Je nach politischer Opportunität wird ein Unternehmen möglicherweise enteignet?"

Der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick sprach sich dagegen für eine Verstaatlichung aus. "Die Bundesregierung hat uns in eine Zwangslage hineinmanövriert", sagte Schick bei n-tv. "Jetzt kann man nicht mehr anders, als über die Enteignung zu gehen."

Die Zeit drängt

Die HRE hat bereits Staatsgarantien von 87 Milliarden Euro erhalten. Weitere 15 Milliarden kamen von der Finanzindustrie. Nur dank der Hilfen vom Steuerzahler existiert die Bank überhaupt noch. Die Bundesregierung, aber auch Bundesbank, Finanzaufsicht sowie der Banken-Rettungsfonds SoFFin stufen die HRE als sehr wichtig für den Finanzmarkt weltweit ein. Eine Insolvenz müsse unbedingt vermieden werden. Die HRE benötigt dringend weitere Milliardenhilfen von bis zu 10 Milliarden Euro. Die Zeit für Rettungsmaßnahmen drängt.

Das Gesetz soll nur bis Ende Juni gelten und ist auf die Rettung der HRE zugeschnitten. Zahlreiche Experten stützen das Vorgehen der Regierung. Der Bund strebt eine Komplettübernahme an. US-Großaktionär Christopher Flowers, der knapp 24 Prozent der Anteile kontrolliert und eine Milliarde Euro mit der HRE verloren hat, lehnt dies ab. Er will Aktionär bleiben und hält eine Staatsmehrheit von 75 Prozent und einer Aktie für ausreichend. Der Bund pocht zur ungestörten Sanierung aber auf Transaktionssicherheit und will 100 Prozent übernehmen.

Flowers findet 3 Euro fair

Es ist offen, wie sich Flowers verhält. Er kann ein Kaufangebot des Bundes über den staatlichen SoFFin - womöglich noch Anfang April und zum Börsenkurs - annehmen. Er kann aber auch gegen eine Entschädigung enteignet werden. An der Börse war die HRE am Vormittag nur noch 169 Millionen Euro wert. Die Aktie kostete 0,79 Euro. Flowers hatte zuletzt einen Preis von 3 Euro je Aktie fair genannt. Das Finanzministerium lehnt Preise ab, die "weit jenseits" des aktuellen Marktwertes liegen und Steuerzahler weiter belasten würden.

Das Gesetz sieht auch Änderungen am Banken-Rettungspaket von 480 Milliarden Euro vor. So wird die Garantiezeit für Anleihen deutscher Banken von drei auf fünf Jahre ausgeweitet. Es gibt aber keine generelle Verlängerung. Auch werden Abstimmungsquoten bei Kapitalmaßnahmen auf Hauptversammlungen gesenkt sowie Fristen zur Einberufung von Aktionärstreffen deutlich verkürzt.

Es soll ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch eingeführt werden, wenn Aktionäre Hilfsmaßnahmen blockieren. Schließlich sollen Übernahmeangebote erleichtert werden. Die Vorgaben zu Schritten vor einer Enteignung wurden nochmals klarer gefasst. So darf es ohne Hauptversammlung nicht zur Enteignung kommen. Zudem müssen zuvor der Finanz- und der Haushaltsausschuss informiert werden.

Quelle: ntv.de

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