Politik

Sinneswandel selbst in Berlusconis konservativer Partei Homo-Ehe auch in Italien?

Bunt kostümiert ziehen zwei Drag-Queens auf einer Schwulen- und Lesbenparade am römischen Kolosseum vorbei.

Bunt kostümiert ziehen zwei Drag-Queens auf einer Schwulen- und Lesbenparade am römischen Kolosseum vorbei.

(Foto: picture alliance / dpa)

Gleiche Rechte für homosexuelle Paare - in Italien seit jeher ein Tabuthema. Doch selbst Konservative fordern plötzlich eine Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Wie jüngst Frankreich lassen immer mehr Länder weltweit die Homo-Ehe zu. Kann es dazu auch im katholischen Italien kommen?

Italiens Konservative werden von Silvio Berlusconi geführt - einem 76-Jährigen, dem Sex mit einer Minderjährigen vorgeworfen wird, der mit seinem Playboy-Gehabe angibt und schon wegen schwulenfeindlicher Äußerungen in die Kritik geraten ist. Es sei besser, für junge Mädchen zu brennen, als schwul zu sein, hatte Italiens Ex-Regierungschef vor drei Jahren einmal gesagt. Es sollte ein Witz sein, wiegelte er später ab.

Im katholischen Italien werden gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht anerkannt. Damit gehört das Land zu den letzten in der Europäischen Union, die weder Homo-Ehe noch eingetragene Lebenspartnerschaft zulassen. Doch selbst in Berlusconis konservativer PDL-Partei (Volk der Freiheit) bricht das starre Tabu langsam auf. Es wird debattiert.

"Letzte Alternative zum Selbstmord"

"Ich verstehe nicht, wirklich nicht, warum Katholiken Kämpfe gegen diejenigen austragen sollten, die sich für gleichgeschlechtliche Paare einsetzen", sagt Sandro Bondi, selbst PDL-Mitglied und Katholik. Bondi reagiert damit auf den am Wochenende veröffentlichten Brief eines 17-jährigen Schwulen an die linksliberale Z eitung "La Repubblica". Der Schritt in die Öffentlichkeit sei seine "letzte Alternative zum Selbstmord", schrieb der Jugendliche. "Nicht jeder hat das Glück, als Heterosexueller geboren zu werden."

Laura Boldrini, Präsidentin der Abgeordnetenkammer, bot dem Jungen ein Treffen an. Sie hoffe, dass Italiens Volksvertreter sich dafür einsetzten, Homophobie unt er Strafe zu stellen. Erst vor kurzem belegte eine Studie der ILGA-Organisation für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle, dass Italien und Bulgarien bei den Rechten Homosexueller EU-weit am schlechtesten abschnitten.

"Es ist an der Zeit, dass Homosexuelle in den vollen Genuss italienischer Bürgerrechte kommen", sagt Giancarlo Galan, ebenfalls Mitglied in Berlusconis PDL-Partei. Derzeit haben Schwule und Lesben etwa bei der Erbschaft nicht dieselben Rechte wie Ehepartner. Auch könnte ihnen der Besuch des Partners im Krankenhaus untersagt werden. In Deutschland können gleichgeschlechtliche Paare eingetragene Lebenspartnerschaften eingehen, die weniger Rechte als Ehen bieten.

Italien für Veränderungen im Familienrecht bereit

Zwar gilt Italiens Gesellschaft als männerdominiert und unter starkem Einfluss des Vatikans stehend. Dennoch scheint sie für Veränderungen im Familienrecht bereit zu sein. Zwei Regionen im Süden des Landes, Sizilien und Apulien, haben öffentlich schwule Regionalpräsidenten gewählt. Außerdem sind nach einer Studie des privaten Forschungsinstituts Euripses 77 Prozent der Italiener für eingetragene Lebenspartnerschaften.

Berlusconi selbst schweigt zum Thema. Es sei keine Priorität für ihn, heißt es schlicht. Der pro-katholische Flügel seiner Partei protestiert gegen eine Legalisierung. Doch Italiens Bürger setzen Zeichen, so wie Massimiliano Benedetto und Giuseppe Ilaria in Rom. Das homosexuelle Paar heiratete nach Berichten der "New York Times" in der vergangenen Woche. Es fehlte an nichts: Gäste, romantische Musik, Ringe, ein Kuss. Während dies aber nur eine symbolische Zeremonie war, wurde im laizistischen Frankreich am Mittwoch die erste Homo-Ehe des Landes geschlossen. Nicht ohne Proteste.

Quelle: ntv.de, Alvise Armellini, dpa

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