Rezession haut rein Horror für Finanzminister
13.07.2009, 16:26 UhrDie Rezession frisst sich immer tiefer in die Staatsfinanzen. Der deutsche Fiskus verbuchte im Juni wegen der wegbrechenden Unternehmensgewinne 8,8 Prozent weniger in seinen Kassen als im Vorjahr. Die Körperschaftsteuer-Einnahmen knickten um mehr als 50 Prozent ein, wie aus Berechnungen des Bundesfinanzministeriums hervorgeht.

Die Schuldenuhr tickt unerbittlich.
(Foto: AP)
Zugleich steigen die Kosten zur Bewältigung der Krise: Die wachsende Arbeitslosigkeit und die höheren Hartz-IV-Kosten könnten den Bund bis 2013 zusätzlich mit etwa 100 Mrd. Euro belasten.
Die Steuereinnahmen im Juni waren mit Spannung erwartet worden, weil die Unternehmen jeweils zum Ende des Quartals ihre Steuer-Vorauszahlungen an ihre Ertragserwartungen anpassen. Zugleich werden Rückzahlungen für zuviel gezahlte Steuern fällig. Im Ergebnis flossen 2,4 Mrd. Euro aus der Körperschaftsteuer in die Kassen - vor einem Jahr zahlten die Firmen noch mehr als das Doppelte. Auch die auf Dividenden fällige "Nicht veranlagte Steuer vom Ertrag" brach um fast 52 Prozent ein. Wegen der steigenden Kurzarbeit fiel auch das Aufkommen aus der Lohnsteuer um fünf Prozent niedriger aus als im Juni 2008.
Bröckelnde Einnahmen, höhere Ausgaben
Damit lag das Steueraufkommen im ersten Halbjahr um fünf Prozent unter dem der ersten sechs Monate 2008. Der amtliche Arbeitskreis Steuerschätzung hatte im Mai für das Gesamtjahr 2009 einen Rückgang um gut sechs Prozent auf 527 Mrd. Euro vorhergesagt und auch für 2010 noch ein Minus von drei Prozent prognostiziert. Hintergrund ist der Einbruch der deutschen Wirtschaftskraft um sechs Prozent in diesem Jahr.

Wie Don Quichotte gegen die sieben Windmühlen: Finanzminister Peer Steinbrück.
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Fatal für die Staatsfinanzen ist, dass nicht nur die Einnahmen abbröckeln, sondern auch die Ausgaben steigen. Die Regierung erwartet deshalb 2010 ein Staatsdefizit von sechs Prozent, nach vier Prozent in diesem Jahr. Die EU setzt in normalen Zeiten eine Obergrenze bei drei Prozent des BIP.
Kurzarbeit ist Kostentreiber Nummer eins
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) erwartet inzwischen, dass ihr Finanzpolster von 16,7 Milliarden Euro bereits Ende 2009 aufgebraucht sein wird. Der Verwaltungsrat der Behörde soll nach Reuters-Angaben Mehrausgaben für dieses Jahr im Volumen von 5,3 Mrd. Euro beschließen.
Als Kostentreiber erweist sich das Kurzarbeitergeld. Dafür würden einschließlich der Erstattung der Sozialbeiträge drei Milliarden Euro mehr benötigt. Die konjunkturbedingte Kurzarbeit kostet demnach insgesamt in diesem Jahr etwa 5,1 Mrd. Euro. Nach Schätzungen der BA bezogen im Juni bis zu 1,4 Mio. Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld. Zudem werden für das reguläre Arbeitslosengeld I knapp eine Mrd. Euro und für das Insolvenzgeld 750 Mio. Euro mehr benötigt.
Zur Deckung des Fehlbetrages in diesem Jahr würden die Rücklagen der BA gerade noch ausreichen. Anders als bisher angenommen würde die BA aber ohne nennenswerte Reserven in das Krisenjahr 2010 starten, in dem die Bundesregierung mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt um etwa 900.000 auf etwa 4,6 Mio. Erwerbslose rechnet. Für Ende 2010 erwartet die BA nun ein Defizit von fast 22 Mrd. Euro. Das Geld müsste der Bund als Darlehen vorstrecken.
Fast eine halbe Mio. Hartz-IV-Empfänger mehr
Die höhere Arbeitslosigkeit belastet den Bund bis 2013 mit Mehrausgaben von etwa 100 Mrd. Euro, wie Politiker der großen Koalition ausgerechnet haben. Grundlage dafür ist die neue mittelfristige Finanzplanung des Finanzministeriums. Den Berechnungen zufolge benötigt allein die BA bis 2013 aus dem Bundeshaushalt 52 Mrd. Euro zusätzlich, sofern der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung ab 2011 nur auf 3,0 Prozent steigt.
Wenn man die neue Finanzschätzung der BA berücksichtigt, wäre der Betrag noch um einige Milliarden Euro höher. Hinzu kommen den Berechnungen zufolge Mehrausgaben des Bundes bis 2013 für Hartz IV von gut 46 Mrd. Euro. Die BA erwartet allein für 2010 im Hartz-IV-System 450.000 zusätzliche Arbeitslose.
Quelle: ntv.de, wne/rts