G20 schicken Finanzfeuerwehr los IWF darf schneller helfen
04.11.2011, 11:22 UhrDer Internationale Währungsfonds soll als weltweite Finanzfeuerwehr mehr Geld für Krisenstaaten bereitstellen können. Das beschließen die G20-Länder in Cannes. Demnach kann der IWF künftig kurzfristige Liquiditätskredite ausgeben, um Länder vorbeugend vor einer Ansteckung durch Finanzkrisen zu schützen.
Die führenden Industriestaaten der Welt (G20) haben sich in Cannes auf ein weiteres Rettungsinstrument für klamme Staaten geeinigt. Die Spitzenvertreter der Eurozone mit US-Präsident Barack Obama und US-Finanzminister Timothy Geithner verständigten sich darauf, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) unter bestimmten Umständen das Volumen seiner sogenannten Sonderziehungsrechte erhöhen und damit zur Bekämpfung der Euro-Staatsschuldenkrise beitragen soll. Das Finanzvolumen umfasst über 250 Milliarden US-Dollar.
Künftig sollen Regierungen bis zu 500 Prozent ihres Kapitalanteils am Währungsfonds ziehen können. Für Italien könnte sich das nach Angaben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" auf rund 45 Milliarden Euro belaufen, für Spanien auf bis zu 23 Milliarden Euro. Die Liquiditätskredite würden für sechs Monate vergeben und könnten einmal verlängert werden. Zugangsberechtigt sollen den Angaben zufolge nur Länder sein, die bis auf wenige Schwächen eine gute Wirtschaftspolitik und solide Fundamentaldaten vorweisen können.
Die G-20 planen seit längerer Zeit eine Neuordnung der IWF-Sonderziehungsrechte mit dem Ziel, wichtigen Schwellenländern wie China oder Brasilien mehr Rechte einzuräumen. Dieses Anliegen soll nun über die Ausgabe neuer Sonderziehungsrechte umgesetzt werden.
Von europäischer Seite nahmen an der Runde unter anderem Bundeskanzlerin Merkel, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi teil. Auch Spitzenvertreter der EU-Institutionen saßen mit am Tisch, unter ihnen der frischgebackene Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Bei dem Treffen am späten Abend willigte Berlusconi einer Überwachung der italienischen Staatsfinanzen auch durch den IWF zu. Damit soll das Vertrauen der Märkte in die Solidität Italiens gestärkt werden.
Alle Augen auf Athen gerichtet
Bei den heutigen Schlussberatungen geht es um die Themen Klima und Energie. Außerdem stehen auf dem Programm der Kampf gegen grenzüberschreitende Steuerflucht, die Regulierung der Finanzmärkte, Bekämpfung der Korruption und explodierende Preise von Nahrungsmitteln. Es ist allerdings zu erwarten, dass die Schulden- und Griechenlandkrise auch den zweiten Tag des Gipfels sehr stark überlagert.
Ein Referendum, in dem Ministerpräsident Giorgos Papandreou das Volk über das letzte Hilfspaket abstimmen lassen wollte, wurde abgesagt. Sollte Papandreou bis heute Abend nicht zurückgetreten sein, stellt er sich im Athener Parlament einer Vertrauensabstimmung. Die könnte am späten Abend beziehungsweise in der Nacht sein. Der Ausgang ist ungewiss.
Bundeskanzlerin Angela Merkel machte noch einmal klar, dass Griechenland in der Pflicht stehe. "Für uns zählen Taten, nichts anderes", sagte Merkel. Das Land müsse die Reform- und Spar-Beschlüsse des EU-Gipfels vom 27. Oktober umsetzen.
Globale Bankenabgabe kommt nicht
Am ersten Tag ihrer Beratungen stritten die G20-Staaten weiter über Maßnahmen gegen gefährliche Spekulationsgeschäfte. Nach Entwürfen für die Abschlusserklärung des Gipfels scheiterte der französische Präsident Nicolas Sarkozy mit der Einführung einer globalen Bankenabgabe auf Finanzgeschäfte. Als einer der größten Gegner einer Finanztransaktionssteuer gelten die USA. Sie halten eine Bankengebühr auf die Verbindlichkeiten der größten Geldhäuser für die bessere Lösung, um die Finanzindustrie an den Belastungen durch die Krise zu beteiligen.
Auch bei den angestrebten Reformen des Weltwährungssystems zeichnete sich keine rasche Lösung ab. Offensichtlich Einigkeit herrschte, Schattenbanken unter Aufsicht zu stellen. Die G20 verpflichtet sich laut dem Entwurf, "die Regulierung und Aufsicht" zu stärken.
An der französischen Mittelmeerküste sind neben den großen westlichen Industriestaaten auch aufstrebende Nationen wie China, Indien, Brasilien und Mexiko mit ihren Staats- und Regierungschef vertreten.
In der G20 sind Industriemächte, Schwellenstaaten und Entwicklungsländer vertreten. Auch Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) sitzen mit am Tisch. Die jährlich wechselnde Präsidentschaft der G20 liegt in diesem Jahr bei Frankreich. Für das Treffen in dem südfranzösischen Seebad sind 12.000 Polizisten und Sicherheitskräfte aufgeboten.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP/rts