Die Briten in der EU Immer schon mit einem Fuß draußen
27.06.2014, 16:56 Uhr
David Cameron und Prinz Harry: Die Briten machen oft lieber ihr eigenes Ding, als sich anderen EU-Staaten anzuschließen.
(Foto: REUTERS)
Die Beziehung zwischen Großbritannien und der Europäischen Union war nie einfach. Der Widerstand von Premierminister David Cameron gegen die Nominierung von Jean-Claude Juncker für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten bringt dies wieder einmal zum Ausdruck. Geprägt von tiefem Misstrauen gegen die EU, setzte die britische Regierung in der Vergangenheit wiederholt Sonderregeln für die Insel durch – und steht traditionell mit einem Fuß außerhalb der EU. Ein Überblick über die Streitpunkte.
Briten-Rabatt
Da Großbritannien zwar viel in den EU-Haushalt einzahlte, aber kaum von den milliardenschweren Agrarhilfen profitierte, forderte die damalige britische Premierministerin Margaret Thatcher 1984: "I want my money back!" – "Ich will mein Geld zurück!" Die "Eiserne Lady" setzte eine Rabatt-Regelung für ihr Land durch, nach der Großbritannien 66 Prozent seines Nettobeitrags an die EU zurückerhält. Der Rabatt besteht bis heute, obwohl er immer wieder den Unmut anderer EU-Länder erregt, da sie nun den britischen Anteil mittragen müssen. Doch abgeschafft werden kann die Regel nur, wenn auch London zustimmt.
Reisefreiheit
Wer von Deutschland nach Frankreich, Österreich oder in die Niederlande reist, muss dafür seinen Pass nicht vorzeigen. Großbritannien-Urlauber sollten den Pass jedoch dabei haben: Die Briten haben sich nicht dem Schengen-Abkommen angeschlossen, das den EU-Bürgern Reisefreiheit von Italien bis Norwegen und von Portugal bis Polen garantiert.
Innen- und Justizzusammenarbeit
Seit der EU-Vertrag von Lissabon im Jahr 2009 in Kraft getreten ist, kann Großbritannien wählen, an welchen Gesetzen im Bereich Inneres und Justiz es sich beteiligt. Die britische Regierung hat sogar angekündigt, die 130 Gesetze dieses Politikfelds, die bereits vor dem Lissabon-Vertrag verabschiedet wurden, wieder abzuschaffen. Das Recht auf einen solchen "Opt Out" genannten Ausstieg hatte sich London durch eine Sonderregelung gesichert. Im Anschluss will Großbritannien für als wichtig und interessant erachtete Regelungen eine Beteiligung erneut verhandeln. Diese "Rosinenpickerei" nervt im Rest der EU viele.
Fiskalpakt
Auch in der Euro-Krise ist die an ihrer eigenen Währung festhaltende britische Insel ein gutes Stück weiter von der Kern-EU weggedriftet. Mit Sorge wurden in London die mühseligen Arbeiten zur Euro-Rettung beobachtet, zudem fürchtet die britische Regierung Folgen für den Finanzstandort London durch strengere Banken-Regulierung oder eine Finanztransaktionssteuer. Für wirkliche Empörung in der EU sorgte, dass sich Großbritannien dem Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin nicht anschloss.
Die Zukunft
Cameron wirft der EU vor, "zu groß, zu herrisch und zu einmischend" zu sein. In seiner Heimat steht er massiv unter dem Druck der noch europaskeptischeren Kräfte, die bei den Europawahlen im Mai einen triumphalen Sieg errangen. Das dürfte Cameron weiter auf Konfrontationskurs zu Brüssel treiben. Bereits zuvor versprach er den Briten, bei einem Wahlsieg seiner Konservativen 2017 ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU abzuhalten. Bis dahin will der Premier die Stellung des Königreichs in der EU von Grund auf neu verhandeln – die Beziehung der Insel zum europäischen Festland dürfte dadurch nicht enger werden.
Quelle: ntv.de, che/AFP