Politik

"Einfach nur kranke Gehirne" In Berlin brennen erneut Autos

Ein ausgebranntes Autowrack auf der Straße Zum Hechtgraben.

Ein ausgebranntes Autowrack auf der Straße Zum Hechtgraben.

(Foto: ZB)

In der Nacht gehen in Berlin erneut Autos in Flammen auf. Die Ermittler sprechen nach wie vor von einem politischen Hintergrund. Derweil fordert die Gewerkschaft der Polizei, die Bundespolizei und Kollegen aus anderen Bundesländern sollten den Berliner Beamten unter die Arme greifen. Zudem seien abschreckende Strafen notwendig.

Ein Autobesitzer in Charlottenburg begutachtet den Schaden an seinem Wagen.

Ein Autobesitzer in Charlottenburg begutachtet den Schaden an seinem Wagen.

(Foto: ZB)

Die Serie von Brandanschlägen auf Autos in Berlin geht auch in der dritten Nacht weiter. Seit Dienstag sind insgesamt 47 Autos nach nächtlichen Angriffen in Flammen aufgegangen oder beschädigt worden.

Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), forderte im Gespräch mit n-tv ein strenges Durchgreifen. So sei man darauf "angewiesen, dass die Gerichte dann, wenn Täter festgenommen werden, mit harten Urteilen auch deutlich machen, dass so etwas kein Kavaliersdelikt ist." SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz bezeichnete die Brandstiftungen in der "Bild"-Zeitung als "eine Vorstufe zum Terrorismus".

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Attacken scharf verurteilt. Sie sei zwar einigermaßen zuversichtlich, dass Deutschland von Ereignissen wie in London und anderen Städten Großbritanniens verschont bleibe, betonte Merkel auf einem Festakt in Wiesbaden anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Bundeskriminalamts (BKA). Sie schaue aber "mit großer Sorge" auf mutwillig in Brand gesteckte Autos in Berlin. "Was ist das für ein Verhalten", so die Kanzlerin. "Menschenleben werden kaltblütig aufs Spiel gesetzt." Deshalb heiße es in aller Öffentlichlichkeit den Sicherheitskräften den Rücken zu stärken. "Dafür setzt sich die Bundesregierung ein."

GdP will Bundespolizei

Bisher sind die Täter unbekannt geblieben. Die Polizei verstärkte in den vergangenen Nächten ihre Präsenz, sowohl in Uniform als auch in Zivil. Auch ein Hubschrauber war im Einsatz. Dennoch kamen Polizei und Feuerwehr in den vergangenen Nächten kaum hinterher: Allein am frühen Morgen waren in Berlin neun Autos angezündet und drei weitere beschädigt worden. Verletzt wurde niemand. Es brannte in den Stadtteilen Charlottenburg, Tiergarten und Neu-Hohenschönhausen.

Die Suche nach den Brandstiftern gestaltet sich aus Sicht der Polizei bei einem Straßennetz von rund 5400 Kilometern Länge immer schwieriger. Während sich einerseits Brände in einer Gegend häufen, kommen auch immer wieder mehrere Kilometer entfernte Brandorte in einer Nacht hinzu.

Derweil sieht die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Schwierigkeiten bei der Verbrechensprävention und der Ergreifung der Täter vor allem der zu geringen Anzahl von Beamten in Deutschlands Hauptstadt geschuldet. Sprecher Klaus Eisenreich kritisierte im n-tv-Interview die Politik: "Der Senat hat in den letzten zehn Jahren 4000 Polizisten in Berlin eingespart und das bedeutet, wir sind personell ausgeblutet und können Berlin zur Nachtzeit nicht so bestreifen, wie es erforderlich wäre."

Nicht nur Nobelkarossen zählen zu den Zielen der Brandstifter. Im Stadtteil Lichtenberg brannte beispielsweise ein Opel komplett aus.

Nicht nur Nobelkarossen zählen zu den Zielen der Brandstifter. Im Stadtteil Lichtenberg brannte beispielsweise ein Opel komplett aus.

(Foto: dapd)

Mit einem "Fünf-Punkte-Programm" will die GdP gegen die Brandstifter vorgehen. Dieses sieht laut Eisenreich neben dem "Einsatz der Bundespolizei und der Polizei der Länder" in Berlin auch "den 12-Stunden-Dienst" für die Beamten vor, "damit zur Nachtzeit wieder mehr Polizisten auf der Straße sind". Zudem müsse "im Wahlkampf" eine Debatte "über Ächtung von Gewalt am Beispiel von London" beginnen. "Straftäter müssen in Berlin sehr schnell verurteilt werden und die Strafen müssen hart und abschreckend sein", so Eisenreich weiter.

Politisches Motiv?

Weil bei den Bränden auch ältere Wagen ins Visier der Täter rückten, zeigte sich der DPolG-Vorsitzende Wendt unschlüssig über die Motivlage. "Es ist nicht nur so, dass irgendwelche großen Autos nur angezündet werden, sondern der ganz normale Bürger wird ja getroffen", so Wendt. "Es müssen ja einfach nur kranke Gehirne sein, die wahllos da Autos anzünden. Das heißt, ein politisches Motiv ist nicht auszuschließen, aber es sind auch alle anderen Motive möglich", sagte er bei n-tv. Die Polizei dagegen ging auch nach den neuesten Fällen von einem politischen Hintergrund aus. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen aufgenommen.

In Berlin wurden seit Jahresbeginn mehr als 130 Autos in Brand gesetzt. Die Zahl der betroffenen Fahrzeuge ist damit bereits jetzt mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr, als insgesamt 54 Fahrzeuge angesteckt wurden. Verdächtige konnte die Polizei bisher nur selten fassen. Am Mittwoch stellten Staatsanwaltschaft und Polizei eine Belohnung von 5000 Euro für Hinweise auf die Täter in Aussicht.

Quelle: ntv.de, mkr/dpa/AFP/rts

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