Cameron verlegt Rede wegen Geiseldrama Islamisten verschanzen sich
17.01.2013, 20:50 Uhr
(Foto: dpa)
Auch nach einem heftigen Angriff auf das von Terroristen besetzte Gasfeld in Algerien ist die Geiselnahme noch nicht ausgestanden. Die überlebenden Islamisten halten an ihren Forderungen fest und verschanzen sich mit den restlichen Geiseln. Wie viele es sind, ist unklar. Der britische Premier Cameron verschiebt aus diesem Anlass seine Rede zur Europäischen Union.

David Cameron verscheibt seine Rede, in der er das Verhältnis seines Landes zur EU ansprechen wollte.
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Großbritanniens Premierminister David Cameron wird seine mit Spannung erwartete Grundsatzrede zum britischen Verhältnis zur EU nicht wie geplant am Freitag halten. Der Premierminister werde in Großbritannien bleiben, und sich um die Lage bei dem Geiseldrama in Algerien kümmern, teilte die Downing Street am Donnerstagabend mit. Er hatte seine Rede in Amsterdam halten wollen. Großbritannien müsse sich bei dem Geiseldrama auf weitere schlechte Nachrichten einstellen, hieß es von der Regierung. Nach bisherigen Informationen wurde ein Brite getötet, zwei Schotten konnten entkommen.
Nach Angaben der algerischen Regierung ist die Militäraktion zur Befreiung der Geiseln noch nicht beendet. Cameron kritisierte die algerische Informationspolitik, Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg beklagte, man habe weiter keine sicheren Informationen über das Schicksal der Geiseln, die von Islamististen auf einem Gasfeld im Osten Algerien festgehalten wurden. Auch die USA forderten "Klarheit" von der algerischen Regierung.
Die überlebenden Islamisten haben sich nach Informationen der mauretanischen Nachrichtenagentur ANI mit mehreren Geiseln auf dem Gelände verschanzt. Die Armee versuchte, das Gelände zu stürmen. Ein Sprecher der Islamisten drohte im Gespräch mit ANI damit, auch die verbliebenen Geiseln zu töten.
Einige Geiseln können fliehen
Nach Informationen der algerischen Nachrichtenagentur APS konnten vier ausländische Geiseln befreit werden, darunter ein Franzose, zwei Briten und ein Kenianer. Rund 200 algerischen Arbeitern soll während der Hubschrauberangriffe die Flucht gelungen sein. Eine irische Geisel, ein 36 Jahre alte Familienvater, meldete sich am Nachmittag bei seiner Familie in Belfast, wie das irische Außenministerium mitteile. Der Mann sei "sicher und wohlauf".
Wie viele Opfer der Einsatz gekostet hat, ist weiterhin nicht ganz klar. Nach Darstellung der Terroristen wurden allein bei Luftschlägen des Militärs 35 Geiseln und 15 Kidnapper getötet. Die Regierung in Algier äußerte sich nicht zu Details.
Algerien wagt Alleingang
Hubschrauber und Bodentruppen hatten das Terrorkommando angegriffen, das sich mit mehreren Dutzend ausländischen Geiseln auf einem Erdgasfeld im Osten Algeriens verschanzt hielt. Die Terroristen hatten am Mittwoch das Gasfeld In Amenas gestürmt und mehrere Dutzend westliche Arbeiter in ihre Gewalt gebracht. Die Gruppe, die laut algerischer Regierung von dem bekannten Islamisten Mokhtar Belmokhtar angeführt wurde, fordert ein Ende des französischen Einsatzes in Mali. Die algerische Regierung hatte Verhandlungen von Anfang an strikt abgelehnt. Offenbar ohne Rücksprache mit westlichen Regierungen startete Algerien dann einen Militärangriff auf die Anlage im Osten des Landes.
Der Hergang der Aktion und die tatsächliche Zahl der Opfer sind noch unklar. Der erste Luftschlag sei erfolgt, als die Islamisten versucht hätten, mit einer Gruppe von Geiseln den Ort zu wechseln, berichtete ANI unter Berufung auf einen Sprecher der Islamisten. Ein algerischer Radiosender meldete, die Hubschrauber hätten die Terroristen angegriffen, als diese mit Geiseln in zwei Allradfahrzeuge gestiegen seien.
Quelle: ntv.de, che/dpa/AFP