Politik

"Abscheu und Bestürzung" Israel ächtet seine Protest-Reservisten

Kritik am Militär ist in Israel selten und nicht gern gesehen.

Kritik am Militär ist in Israel selten und nicht gern gesehen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Kritik einer Gruppe von Reservisten an den Praktiken einer israelischen Eliteeinheit stößt im Land auf massiven Widerstand: Nach einhelliger Meinung fallen sie dem Militär in den Rücken. Sogar die linke Opposition übt Kritik am Verhalten der Soldaten.

200 frühere Angehörige der israelischen Aufklärungseinheit 8200 sind der ins Zwielicht geratenen Elitetruppe des israelischen Militärgeheimdienstes zur Seite gesprungen. Sie reagierten auf einen am Freitag veröffentlichten Brief von 43 Reservisten gegen das Vorgehen des Militärgeheimdienstes in den besetzten Palästinensergebieten, darunter gezielte Tötungen und die bis in die Intimsphäre palästinensischer Zivilisten reichende Überwachung.

"Deren Versuch, unsere Einheit zu verunglimpfen, erfüllt uns mit Abscheu und Bestürzung. Weil wir jahrelang in diesem Armeeteil gedient haben, können wir den Vorwurf nicht hinnehmen, es mangele der Einheit 8200 an Ethik", schreiben die früheren Wehrpflichtigen und Offiziere in einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den Generalstabschef. Der als "Acht Zweihundert" bezeichnete und mit modernster Technologie ausgestattete Truppenteil ist seit 1952 auf die elektronische Überwachung spezialisiert. Die Einheit wird oft mit der NSA verglichen.

Netanjahu findet Wehrdienstverweigerung "verwerflich"

Die 43 Refuseniks - so werden in Israel Wehrdienstverweigerer bezeichnet - hatten angekündigt, ihrer jährlich möglichen Einberufung zu Reserveeinsätzen nicht mehr nachzukommen, wodurch ihnen Haftstrafen drohen. Sie wollten "nicht länger in diesem System dienen, das die Rechte von Millionen Menschen verletzt", schrieben die Reservisten in ihrem mit Vornamen und Rangangaben unterzeichneten Brief ebenfalls an Netanjahu.

Netanjahu bezeichnete jede Form von Wehrdienstverweigerung und den Brief als "verwerflich". Die Begründung der Refuseniks basiere auf "unbegründeten Anschuldigungen". Verteidigungsminister Mosche Jaalon warf den Verweigerern vor, "wohlfeil die Kampagne zur Delegitimierung des Staates Israel und seiner Soldaten zu beflügeln".

Aber auch die israelische Linke hieß die Initiative der Reservisten nicht gut. So erklärte der Chef der sozialdemokratischen Arbeitspartei, Jizchak Herzog, der seine Wehr- und Reservedienste beim Militärgeheimdienst absolviert hatte: "Ich sage nicht, dass dort keine Fehler gemacht werden. Aber es gibt Wege, um diese intern aufzuzeigen und auszuräumen."

Der diplomatische Korrespondent der linksliberalen Tageszeitung "Haaretz", Barak Ravid, der seinerseits in der Einheit 8200 diente, bedauerte in einem Radiointerview, dass alle Unterzeichner anonym blieben. So gebe es keinen "israelischen Edward Snowden, der offen angibt, was sich wann an welchem Ort zugetragen hat".

Quelle: ntv.de, jve/AFP

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