Krieg im eigenen Land unwahrscheinlich Israel beobachtet Entwicklungen in Syrien
27.08.2013, 16:11 Uhr
Bisher regiert die israelische Regierung kaum auf den Syrienkonflikt. Ministerpräsidenten Netanjahu gab ein kurzes Statement ab.
(Foto: dpa)
Aufgrund des brutalen Bürgerkriegs droht Syrien ein Militärschlag durch den Westen. Obwohl Israel sich eine Grenze mit Syrien teilt und vom Assad-Regime bereits mit einem Angriff bedroht wurde, sehen Experten keine Gefahr. Aufgrund der Dichte der schon bestehenden Konflikte werden weitere gemieden.
Noch haben die Amerikaner nicht entschieden, wie sie auf die Vorgänge in Syrien reagieren wollen. Doch nach einer Erklärung von US-Außenminister John Kerry wurde klar, dass die USA nach eigenen Angaben über ausreichend "Beweise" für den Einsatz von geächteten Massenvernichtungswaffen verfügen und deshalb im Zugzwang zu einer Strafaktion stehen.
Die israelischen Medien sammeln sehr intensiv alle Informationen über mögliche Vorbereitungen für einen Militärschlag, darunter das Vorrücken amerikanischer Kriegsschiffe und die Verlegung von Kampfflugzeugen auf den britischen Stützpunkt Akrotiri auf Zypern.
Die einzige offizielle israelische Reaktion war bislang eine Erklärung des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu: "Das syrische Regime verübt Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung. Das ist schockierend und diese Schreckenstaten müssen aufhören. Ich möchte aber betonen, dass das Assad-Regime nicht für sich allein handelt. Der Iran und die Hisbollah als Stellvertreterin des Iran spielen eine aktive Rolle bei der Unterstützung Syriens." Netanjahu fügte hinzu: "Natürlich ziele ich mit meinen Ausführungen auf die iranischen Pläne, Nuklearwaffen zu erlangen. Die Geschehnisse in Syrien zeigen deutlich, was geschehen kann, wenn der Iran über noch tödlichere Waffen verfügt."
Konflikte bestehen schon lange
Die israelischen Experten, darunter Ex-Generäle, Sicherheitsberater und Militärkorrespondenten, halten die Gefahr des Übergreifens eines Krieges auf Israel für relativ gering, obgleich syrische Sprecher schon mit einem Angriff auf Israel gewarnt haben, falls die Amerikaner Syrien angreifen sollten. Die Syrer besäßen strategische Waffen, mit denen jeder Punkt in Israel getroffen werden könne.
Das ist nichts Neues. Syrien verfügt über Scudraketen, wie sie 1991 der Irak zum Beschuss Israels eingesetzt hat. Gleichzeitig hat aber auch Israel die militärischen Mittel, Syrien sehr empfindlich zu treffen. Die gegenseitige Abschreckung funktioniert seit 1974. Tatsächlich ist die Grenze zwischen Israel und Syrien auf den Golanhöhen die ruhigste und sicherste, über die Israel verfügt. Selbst wenn die Amerikaner mit Tomahawk-Marschflugkörpern syrische Stützpunkte oder andere Ziele des Assad-Regime angreifen sollten, sei nicht anzunehmen, dass der syrische Präsident neben dem Bürgerkrieg auch noch eine kriegerische Auseinandersetzung mit Israel wolle.
Hisbollah nicht ungefährlich
Eine potentielle Gefahr drohe Israel von der Hisbollah-Miliz im Libanon, neben Iran der engste Verbündete Assads. 2006 hatte die Hisbollah mit der Entführung von zwei israelischen Soldaten einer Grenzpatrouille einen Krieg provoziert. Dabei wurde die Hisbollah offenbar sehr viel härter geschlagen, als beide Seiten offen eingestehen. Seit sieben Jahren hat die Hisbollah deshalb jede direkte Provokation Israels vermieden. Ihr Chef, Hassan Nasrallah, hält sich seitdem in einem Bunker versteckt, um nicht Opfer eines israelischen Attentats zu werden.
Gleichwohl hat die Hisbollah angeblich bis zu 60.000 Raketen gehortet, um für den nächsten Schlagabtausch mit Israel gewappnet zu sein. Die Hisbollah steht wegen ihres Einsatzes an der Seite Assads in Syrien jedoch derart unter Druck im Libanon, dass sie es kaum wagen dürfte, auch noch eigenmächtig vom Libanon aus Krieg gegen Israel zu führen.
Wachsamkeit ist geboten
Trotz geringer Kriegsgefahr ist die israelische Armee auf der Hut. So wurde nahe der libanesischen Grenze eine Abwehrbatterie vom Typ Eisenkappe aufgestellt. Vor einigen Tagen hatte sie zwei aus Libanon vom "Islamischen Dschihad" abgeschossene Katjuscharaketen abgefangen. Ebenso überfliegt Israel ständig den Libanon mit Drohnen zwecks Aufklärung.
Israelische Politiker rufen die Bevölkerung auf, unbesorgt ihre Wochenenden in den "Zimmers" in Galiläa zu verbringen. Dennoch wird die Panikmache genutzt, die die Israelis an eine ausstehende Erneuerung ihrer Gasmasken zu erinnern. Im Rundfunk macht der Postdienst Reklame für die Möglichkeit, eine neue Gasmaske per Internet zu bestellen.
Seit dem Irakkrieg 1991 sollte jeder Israeli mit einer Gasmaske und Anthropinspritze ausgestattet sein. Anthropin kann auch die Wirkung des Giftgases Sarin neutralisieren, das angeblich bei Damaskus gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt worden ist.
Quelle: ntv.de