Harte Haltung gegen Iran gefordert Israel distanziert sich von USA
11.09.2012, 19:28 Uhr
Netanjahu fordert, dass im Atomstreit mit dem Iran eine klare rote Linie gezogen wird.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Säbelrasseln in Nahost geht weiter: Israels Premier Netanjahu fordert weiterhin eine deutliche Frist der internationalen Gemeinschaft im Atomstreit mit Teheran. Anderenfalls könne man auch von Israel keine Mäßigung erwarten, sagt er. Er distanziert sich damit vor allem von den USA, die weiter auf Verhandlungen setzen.
Israel droht dem Iran immer unverhohlener mit einem Angriff und geht zugleich auf Distanz zur US-Regierung, die mehr Zeit für Diplomatie einfordert. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach den USA das moralische Recht ab, den jüdischen Staat am Handeln zu hindern. "Jene in der internationalen Gemeinschaft, die sich weigern, dem Iran rote Linien zu ziehen, haben kein moralisches Recht, Israel rotes Licht zu zeigen", sagte Netanjahu in Jerusalem.
Die Regierung in Washington habe sich geweigert, im Atomstreit eine härtere Haltung gegenüber der Islamischen Republik einzunehmen, begründete Netanjahu die ungewohnt deutlichen Worte. Die schärfere Rhetorik nährt Spekulationen, Israel könnte den Iran vor der US-Präsidentenwahl im November angreifen - in der Hoffnung, dass Obama aus Rücksicht auf die israelische Lobby in den USA kein Veto einlegt.
Netanjahu warnte, sollten die Weltmächte dem Iran keine klaren Grenzen setzen, werde sich sein Land nicht mehr zurückhalten. "Die Welt sagt Israel: 'Wartet, es ist noch Zeit'. Und ich sage, 'warten worauf, warten wie lange'?" Wenn dem Iran keine klare Grenze, keine Fristen gesetzt würden, dann arbeite dieser ungehindert weiter daran, die Atomwaffenfähigkeit zu erlangen und dann die Atombombe. "Bisher können wir sicher sagen, dass Diplomatie und Sanktionen keine Erfolg hatten", sagte Netanjahu weiter. "Die Sanktionen haben der iranischen Wirtschaft geschadet, aber sie haben das iranische Atomprogramm nicht gestoppt."
Diplomatie ist "der bei weitem beste Ansatz"
Die USA sehen dagegen den Spielraum für Diplomatie noch nicht ausgereizt. Außenministerin Hillary Clinton hatte erklärt, die USA setzten in den diplomatischen Bemühungen mit dem Iran keine Fristen. Verhandlungen seien "der bei weitem beste Ansatz", den Iran von der Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten, sagte sie der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Nach Netanjahus Angaben sprechen Israel und die USA derzeit über "rote Linien", die der Iran nicht überschreiten dürfe. Beide Verbündeten sind sich jedoch offenbar uneins darüber, ob die Voraussetzungen für einen Militärschlag offen benannt werden sollten. Einen Alleingang lehnen die meisten Israelis ab. In Umfragen spricht sich eine Mehrheit gegen einen Waffengang ohne US-Unterstützung aus.
Teheran erklärte die Diskussion um rote Linien derweil für belanglos. "Die Bemerkungen des zionistischen Regimes (Israel) diesbezüglich sind total unwichtig, da dieses Regime überhaupt nicht befugt ist, das iranische Atomprogramm zu kommentieren", sagte der iranische Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast in Teheran.
Dem Iran wird vom Westen vorgeworfen, heimlich an Atomwaffen zu arbeiten. Israel sieht durch das Programm seine Existenz bedroht. Die Regierung in Teheran weist die Vorwürfe zurück und beharrt auf dem Recht des Landes, die Atomkraft zu friedlichen Zwecken zu nutzen. Allerdings drohte das Regime bereits mehrfach Israel die Auslöschung an.
Erhält Teheran eine Rüge?
Nach Diplomatenangaben hat der Westen unterdessen Russland und China von der Notwendigkeit einer Rüge für Teheran überzeugt. Ein Diplomat sagte, die USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien hätten Russland und China dazu bewegt, bei einem Treffen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien ihre "ernste Besorgnis" zum Ausdruck zu bringen. Sollten sich die sechs Staaten auf einen gemeinsamen Text einigen, bleibt abzuwarten, ob dieser beim Gouverneursrat als Resolution eingereicht oder nur als einfache Erklärung verabschiedet wird.
In ihrem am 30. August veröffentlichten Bericht hatte die IAEA erklärt, die Produktionskapazitäten der iranischen Urananreicherungsanlage in Fordo seien verdoppelt worden. In der unterirdischen Anlage nahe der zentraliranischen Stadt Qom seien rund 2000 Zentrifugen installiert gegenüber rund 1000 im Mai. Allerdings seien nur etwa 700 der Zentrifugen, die zur Anreicherung von Uran benötigt werden, in Betrieb. In dem Bericht wirft die IAEA dem Iran außerdem vor, auf dem Militärstützpunkt Partschin Maßnahmen getroffen zu haben, die künftige Kontrollen "erheblich behindern" würden. IAEA-Chef Yukiya Amano forderte am Montag "ohne weitere Verzögerungen" Zutritt zum Standort Partschin.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts