Tunnel zerstört, Menschen getötet Israel lässt gegen Hamas nicht locker
18.07.2014, 21:14 Uhr
Das Vorgehen bei einer Bodenoffensive der Israelis ist fast immer gleich: Zunächst kommen die Panzer, dann die Bulldozer.
(Foto: REUTERS)
Mit Panzern und Bodentruppen geht Israel gegen die Hamas vor. In einer ersten Bilanz spricht Israel von 13 zerstörten Tunnel, die Palästinenser von fast 50 getöteten Menschen. Die Welt ist in Sorge, Zivilisten könnten verstärkt zu Opfern werden.
Nach Beginn ihrer Bodenoffensive ist die israelische Armee weiter im palästinensischen Gazastreifen vorgerückt. Sie zerstörte nach eigenen Angaben mindestens 13 Tunnel, die die militant-islamische Hamas angelegt hatte, um Israel anzugreifen oder Waffen zu schmuggeln. Die groß angelegte Offensive hatte in der Nacht zuvor begonnen. Der erste massive Vorstoß in das Palästinensergebiet seit 2009 soll nach dem Willen Israels die militärische Infrastruktur der Hamas und verbündeter Gruppen zerschlagen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte an, dass die Operationen sogar noch ausgeweitet werden könnten.
Nach Angaben palästinensischer Rettungsdienste kamen seit Beginn der Bodenoffensive mindestens 47 Menschen uns Leben, darunter fünf Kinder. Insgesamt wurden demnach seit dem 8. Juli, dem Start einer Welle von Luftangriffen, 271 Palästinenser getötet und mehr als 2000 weitere verletzt. Mindestens die Hälfte der Opfer seien Zivilisten gewesen. Die israelische Armee tötete nach eigenen Angaben bei ihrer Bodenoffensive 19 Militante und nahm 13 weitere gefangen. Auf israelischer Seite starben bislang ein Zivilist und ein Soldat. Der Einsatz der Bodentruppen, den Luftwaffe und Marine unterstützten, weckte international Sorgen, dass es in dem dicht besiedelten Küstenstreifen am Mittelmeer noch mehr zivile Opfer geben wird.
Stromversorgung beeinträchtigt
Hilfsorganisationen in Gaza berichteten von lang anhaltenden Stromausfällen. Auch die Wasserversorgung sei stark beeinträchtigt. Weil Bauern ihre Waren aus dem Umland nicht zu den Märkten bringen konnten, würden die Lebensmittelpreise drastisch steigen.
Die Bodenoffensive begann nach tagelangem Beschuss und einer vereitelten Kommandoaktion militanter Palästinenser, die offenbar einen Anschlag in Israel verüben wollten. Obwohl massiv unter Druck, setzte die Hamas ihre Raketenangriffe auf Israel fort. Am frühen Abend heulten erneut die Sirenen in der Metropole Tel Aviv. Geschossteile fielen in der Nähe einer Synagoge und eines Kindergartens zu Boden. Verletzt wurde dabei aber niemand. Die meisten Raketen fangen israelische Abwehrsysteme ab.
Netanjahu droht mit Ausweitung der Angriffe
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drohte, den Einsatz in dem Palästinensergebiet noch auszuweiten. "Wir haben die israelischen Streitkräfte angewiesen, sich auf die Möglichkeit einer ernsthaften Ausweitung der Bodenaktivitäten einzustellen", sagte er. Ein Hamas-Sprecher drohte, der Gazastreifen werde sich in einen "Friedhof für israelische Soldaten" verwandeln, sollten die Truppen weiter ins Innere des Küstenstreifens vordringen.
Vorerst will das Militär offenbar eine Art Pufferzone am Rand des Gazastreifens schaffen, um den Mörserbeschuss israelischer Orte künftig zu verhindern. Auch sollen jene Tunnel zerstört werden, die die Hamas unter der Grenze angelegt hat, um Angriffe und Entführungsaktionen auf grenznahe israelische Ortschaften zu starten.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte von beiden Seiten den Schutz von Zivilisten. Die Hamas müsse sofort den Beschuss Israels stoppen, sagte Ban in New York. Israel müsse dafür sorgen, dass bei der Offensive keine Zivilisten zu Schaden kämen.
Papst Franziskus rief Israels Staatschef Schimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas an und äußerte "seine sehr ernste Sorge" über die Eskalation des Nahost-Konflikts. Auch US-Präsident Barack Obama zeigte sich tief besorgt über die Gefahr einer weiteren Eskalation der Gewalt. Washington hoffe, dass Israel Zivilisten schone. Erneut plädierte Obama für eine Feuerpause.
Recht auf Selbstverteidigung
Zugleich stellte sich der US-Präsident demonstrativ hinter die Regierung in Jerusalem. In einem Telefonat mit Netanjahu habe er seine "Unterstützung für Israels Recht, sich selbst zu verteidigen", betont, sagte Obama im Weißen Haus. Keine Nation müsse es hinnehmen, dass sie mit Raketen beschossen werde und Terroristen unter ihrem Territorium Tunnel bauten.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung. Deutschland stehe in dieser Frage an der Seite Israels. Außenminister Frank-Walter Steinmeier verlangte neue Bemühungen für eine Einstellung der Kämpfe. "Das Engagement der arabischen Nachbarstaaten für eine Waffenruhe muss weitergehen", sagte Steinmeier am Freitag bei einem Besuch in Mexiko.
Verhältnis zur Türkei belastet
Die Türkei beantragte Dringlichkeitstreffen des UN-Menschenrechtsrats und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), wie Außenminister Ahmet Davutoglu ankündigte. "Wir verurteilen die von Israel nach den inhumanen Morden durch Luftangriffe begonnene Bodenoperation in Gaza auf das Schärfste."
Israel zieht nach gewalttätigen Protesten vor seinen Vertretungen in Ankara und Istanbul einen Teil seiner Diplomaten aus der Türkei ab. Das Verhältnis zwischen beiden Staaten ist seit Jahren angespannt. Der Iran verurteilte das Vorgehen seines Erzfeindes Israel scharf. "Das ist ein neues Kapitel der unmenschlichen Verbrechen des zionistischen Regimes (Israel)", sagte Außenamtssprecherin Marsieh Afcham. Die Bodenoffensive grenze an ein Kriegsverbrechen.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa