Nach Sanktionsdrohung aus Berlin Janukowitsch ärgert sich über Steinmeier
04.02.2014, 16:30 Uhr
Nach den Äußerungen Frank-Walter Steinmeiers bestellte die Ukraine den deutschen Botschafter ein.
(Foto: picture alliance / dpa)
Außenminister Frank-Walter Steinmeier droht dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch offen mit Sanktionen. In Kiew kommt das nicht gut an. Das ukrainische Außenministerium reagiert auf den Appell des Deutschen höchst allergisch.
Die Ukraine wehrt sich entschieden gegen Sanktionsdrohungen aus dem Westen. Das Außenamt in Kiew mahnte den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier zur Zurückhaltung. Der SPD-Politiker hatte am Vortag den ARD-"Tagesthemen" gesagt: "Die Sanktionen müssen wir jetzt als Drohung zeigen."
Als Ausdruck der Missbilligung der Äußerungen Steinmeiers hatte das ukrainische Außenministerium den deutschen Botschafter zu einem Gespräch eingeladen. Die Ukraine hoffe auf eine "konstruktive, unvoreingenommene Position" der Bundesregierung, hieß es danach in einer Mitteilung. Aus Regierungskreisen in Berlin hieß es, es habe sich nicht um eine Einbestellung, sondern um ein "freundliches Gespräch" über die ernste Lage in der Ukraine gehandelt. Die Reaktion auf Steinmeier zeige, wie sensibel die Führung um Präsident Janukowitsch auf das Thema Sanktionen reagiere, hieß es in Kiew. Bislang hätten sich westliche Politiker mit solchen Drohungen zurückgehalten.
"Lasst uns die Diktatur beenden"
Ukrainische Oppositionspolitiker um Boxweltmeister Vitali Klitschko hatten zuvor die EU wiederholt aufgefordert, endlich Zwangsmaßnahmen gegen Präsident Viktor Janukowitsch zu beschließen. Im innenpolitischen Machtkampf hofft Klitschko derweil auf neue Verhandlungen mit Janukowitsch. Er wolle auf Gespräche über eine Rückkehr zur alten Verfassung dringen, die dem Parlament mehr Vollmachten zugestand, kündigte Klitschko an. Im Parlament forderte Klitschko: "Lasst uns die Diktatur beenden. Last uns zu der Verfassung zurückkehren, die Abgeordnete zu Entscheidungsträgern macht und nicht zu Abnickern."
Klitschko verschärfte zugleich seine persönlichen Angriffe auf Janukowitsch. Er bezeichnete den Staatschef als "Betrüger", der Steuern hinterziehe. Janukowitsch verstecke Millionen "über Treuhänder auf Konten in Liechtenstein und der Schweiz", behauptete Klitschko in der "Bild"-Zeitung. Über Österreich tätige er "offenbar" Scheingeschäfte. Beweise legte der frühere Boxweltmeister nicht vor.
EU-Außenbeauftragte zu Gespräch erwartet
Die Opposition beharrt auf einem Rücktritt Janukowitschs und Neuwahlen. Der Vertreter des Präsidenten im Parlament, Juri Miroschnitschenko, betonte aber, vorgezogene Wahlen stünden derzeit nicht zur Debatte. Die nächste Präsidentenwahl ist turnusgemäß für 2015 geplant. Bei dem Treffen mit der Fraktion habe Janukowitsch zudem die Ausrufung des Notstands und damit eine gewaltsame Lösung der schweren Krise kategorisch ausgeschlossen, betonte Miroschnitschenko. Janukowitsch habe gesagt: "Wir haben alle Mittel, die besetzten Verwaltungsgebäude und selbst den Maidan mit Gewalt zu befreien. Aber das werde ich nie tun, weil das alles unsere Bürger sind."
In Kiew wird an diesem Dienstag die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zu einem Krisengespräch erwartet. Sie will über ein Hilfspaket für die Ukraine verhandeln. Die Europäische Union will nach den Worten ihrer Chefdiplomatin damit einer Übergangsregierung helfen, Reformen einzuleiten und Präsidentenwahlen vorzubereiten. Die Bundesregierung warnte vor einem "Bieterwettbewerb" mit Russland um die Ukraine. Kremlchef Wladimir Putin hatte dem Nachbarland insgesamt 15 Milliarden US-Dollar (11,1 Milliarden Euro) Hilfe zugesichert.
In der Ukraine gehen seit mehr als zwei Monaten Zehntausende Menschen gegen die Politik von Präsident Janukowitsch auf die Straße. Sie protestieren auch für einen Westkurs der früheren Sowjetrepublik und gegen die von Janukowitsch vorangetriebene engere Anbindung an Russland. Nachdem der Präsident Mitte Januar demokratische Freiheiten eingeschränkt hatte, eskalierten die Proteste. Mindestens vier Menschen starben, mehr als 500 wurden verletzt. Die repressiven Gesetze wurden daraufhin annulliert.
Quelle: ntv.de, cro/dpa