Hartz-IV-Studie zeigt Probleme auf Jeder dritte Bezieher bleibt ohne Job
02.02.2017, 20:33 Uhr
Zehn Jahr von Hartz IV leben: Dieses Schicksal teilen Hunderttausende Menschen.
(Foto: dpa)
Arbeitsmarktforscher untersuchen die Auswirkungen von zehn Jahren Hartz IV. Ihr Befund zeigt, dass viele Arbeitslose kaum eine Chance auf Rückkehr in den Arbeitsmarkt haben. Jeder zehnte hat zwar Arbeit, braucht aber trotzdem eine Stütze vom Staat.
Bezieher von Hartz IV sind einer Studie zufolge häufig über einen langen Zeitraum auf staatliche Grundsicherung angewiesen. Einer veröffentlichten Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge haben ein Drittel der Hartz-IV-Bezieher nur geringe Jobchancen und sind dauerhaft auf Leistungsbezug angewiesen. Die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann erklärte, die Studie beweise "das völlige Scheitern des Hartz-IV-Systems".
Die IAB-Experten führen aus, dass lange Bezugszeiten von Anfang an das Bild der Grundsicherung für Arbeitssuchende geprägt hätten. Von den 6,2 Millionen Leistungsbeziehern bei der Einführung von Hartz IV im Januar 2005 beendeten demnach anderthalb Millionen den Bezug innerhalb eines Jahres. Innerhalb von fünf Jahren sei dies immerhin vier Millionen gelungen. Eine Million Leistungsbezieher habe sich allerdings von Januar 2005 bis zum Ende des untersuchten Zeitraums im Dezember 2014 durchgehend in der Grundsicherung befunden.
Ein Zehntel braucht längeren Anlauf
Anhand einer Stichprobe von mehr als 20.000 Hartz-IV-Empfängern skizzierten die Arbeitsmarktforscher verschiedene Werdegänge in der Grundsicherung: Rund ein Drittel wird den Angaben zufolge zu Langzeitleistungsbeziehern mit relativ wenig Kontakt zum Arbeitsmarkt. Einem knappen Zehntel gelinge erst nach längerer Zeit die Rückkehr in einen Job, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Ein gutes Viertel könne dagegen vergleichsweise schnell und dauerhaft den Leistungsbezug mit einer bedarfsdeckenden Beschäftigung verlassen.
Ein knappes Zehntel sei derweil zwar relativ gut in den Arbeitsmarkt integriert, könne aber ohne aufstockendes Arbeitslosengeld II den Lebensunterhalt nicht bestreiten. Ebenfalls ein knappes Zehntel schafft der Studie zufolge nach einer betrieblichen Ausbildung den Ausstieg. Die übrigen knapp zwei Zehntel verlassen den Leistungsbezug aus anderen Gründen, beispielsweise wegen Studienbeginns, Selbständigkeit oder Renteneintritts.
Anrecht auf gesellschaftliche Teilhabe
"Das Hartz-IV-System hat versagt, die Menschen werden abgehängt und sind im Hartz-IV-System gefangen", kritisierte Zimmermann mit Blick auf die IAB-Untersuchung. "Viel zu lange wurde ausschließlich aufs Fordern gesetzt und bei der Förderung gespart." Notwendig seien ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor und ein Recht auf Weiterbildung. "Statt der Gängelung durch die Jobcenter müssen die Jobsuchenden ein Recht auf Vermittlung auf Augenhöhe haben", fügte die Linken-Bundestagsabgeordnete hinzu.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Brigitte Pothmer, nannte das Ergebnis der Studie "ernüchternd" und forderte eine bessere Förderung der Betroffenen. "Auch arbeitsmarktferne Arbeitslosengeld-II-Bezieher haben ein Anrecht auf gesellschaftliche Teilhabe durch Arbeit", erklärte Pothmer und regte zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen an.
Der Studie zufolge erhielten von Anfang 2005 bis Ende 2014 insgesamt 16,7 Millionen Menschen zumindest zeitweilig Leistungen nach Hartz IV. Vergleichsweise schnell und nachhaltig kehren demnach höher qualifizierte und jüngere Jobsuchende in den Arbeitsmarkt zurück. Wer dagegen in der Vergangenheit bereits häufiger mit Arbeitslosigkeit konfrontiert war, hat ein höheres Risiko, länger im Hartz-IV-Bezug zu verbleiben. Auch Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit fällt die Rückkehr in den Job schwer.
Quelle: ntv.de, shu/AFP