Politik

Trauerfeier in Zweibrücken Jung spricht von "Gefallenen"

Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat die bei einem Selbstmordanschlag in Afghanistan getöteten Soldaten erstmals als Gefallene bezeichnet. "Ich verneige mich in Dankbarkeit und Anerkennung vor den Toten, die für unser Land im Einsatz für den Frieden gefallen sind", sagte Jung bei der Trauerfeier in der Zweibrücker Alexanderskirche.

Er übernahm damit eine Wortwahl, zu der ihn die Truppe schon seit längerem gedrängt hatte. Der Bundeswehrverband begrüßte den neuen Tonfall. "Das sagt der Öffentlichkeit weit deutlicher, worum es in Afghanistan geht", sagte Sprecher Wilfried Stolze Reuters. "Das ist die richtige Art, in der Öffentlichkeit mit deutschen Opfern umzugehen. Es wird bei den Soldaten sehr gut ankommen".

Guerilla-Krieg

Der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei sagte, die Soldaten bei der Trauerfeier hätten die neue Wortwahl erleichtert aufgenommen. Der Minister komme damit den Bedürfnissen der Truppe entgegen. "Das ist keine Militarisierung der Sprache", betonte er. Von einem Krieg der Bundeswehr in Nordafghanistan will er indes nicht sprechen. Im Süden und Osten des Landes herrsche zwar eindeutig Krieg, sagte Nachtwei. Im Norden, vor allem in der Region Kundus, sei die Lage anders, dort entstehe ein Guerilla-Krieg.

Der Bundeswehrverband hatte mehrfach gefordert, die in Afghanistan getöteten Soldaten als Gefallene und den Konflikt am Hindukusch als Krieg zu bezeichnen. Jung will dagegen nicht von einem Krieg sprechen. Die Auseinandersetzung in Afghanistan sei allein mit militärischen Mitteln nicht zu gewinnen und daher kein Krieg, bekräftigte er vor einigen Tagen. Viele Soldaten sehen dies allerdings anders.

Einsatz verteidigt

Bei der Trauerfeier in Zweibrücken sprach Jung den Familien der beiden 22 und 25 Jahre alten Fallschirmjäger, deren Särge mit Deutschlandfahnen bedeckt in der Kirche aufgebahrt waren, im Namen von Kanzlerin Angela Merkel das Mitgefühl der Regierung aus. Zugleich betonte der Minister die Bedeutung des Einsatzes am Hindukusch.

"Entweder bekämpfen wir den Terrorismus in Afghanistan oder der Terrorismus kommt zu uns", warnte er. Nur ein friedliches und stabiles Afghanistan werde verhindern, dass von dort wieder Terror in die Welt getragen werde.

Keine absolute Sicherheit

Jung sagte, Deutschland habe in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, damit die Menschen in Afghanistan eine Zukunft haben. "Wir müssen das Vertrauen der Menschen in Afghanistan gewinnen." Die Ziele der Taliban seien verachtenswert. "Sie schrecken nicht davor zurück, auf perfideste Art und Weise Soldaten zu ermorden, die gekommen sind, um zu helfen. Aber auch bei bester Vorsorge ist absolute Sicherheit und Schutz nicht möglich."

Die beiden Soldaten waren am vergangenen Montag bei einem Selbstmordanschlag in der Nähe der nordafghanischen Stadt Kundus getötet worden. Dabei kamen auch fünf afghanische Kinder ums Leben. Ein Flugzeug der Luftwaffe hatte die Leichen der Männer am Mittwoch zurück nach Deutschland gebracht. Auch ein verletzter Soldat kehrte mit der Bundeswehrmaschine zurück.

Forderung nach höheren Bezügen

Angesichts des gefährlichen Einsatzes in Afghanistan haben Politiker von CDU, SPD und FDP höhere Bezüge für Soldaten im Einsatz bei der Internationalen Schutztruppe ISAF gefordert. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte dazu in Berlin, der sogenannte Auslandsverwendungszuschlag werde in Kürze überprüft. Das habe aber keinen aktuellen Bezug zum Tod der beiden Soldaten und zum Einsatz in Afghanistan. In Afghanistan tätige Soldaten erhalten zu ihren Bezügen täglich 92,00 Euro netto, also 2760 Euro netto im Monat unabhängig vom Dienstgrad.

Der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte sagte der "Bild"-Zeitung: "Eine Anpassung des Auslandsverwendungszuschlags an die erheblich gestiegene Gefahrenlage ist absolut notwendig." Auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, forderte, das Besoldungssystem der Bundeswehr zu überdenken. "Soldaten, die in Gefahrengebieten wie in Afghanistan ein besonderes Risiko tragen, müssen künftig auch besser bezahlt werden", sagte er der Zeitung.

"Macht keinen Toten lebendig"

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel meinte: "Jeder weiß, wie gefährlich der Soldatenberuf ist und wie unumgänglich die Auslandseinsätze für unsere Sicherheit sind. Deshalb ist es notwendig, die Bezahlung der Soldatinnen und Soldaten so zu gestalten, dass der Beruf auch in Zukunft attraktiv ist und die Besten begeistert."

Die Linken-Abgeordnete Inge Höger wies die Vorstöße zurück. "Eine Erhöhung des Zuschlags für Soldaten im Auslandseinsatz macht keinen Toten lebendig", sagte sie in einer Mitteilung. "Die falsche Politik, die Bundeswehr immer mehr in immer gefährlichere Kriegseinsätze im Ausland zu schicken, wird dadurch nicht richtig."

Quelle: ntv.de

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