Korruptionsaffäre erschüttert EU Kaili als EU-Vizeparlamentspräsidentin abgesetzt
10.12.2022, 22:17 Uhr
Eva Kaili wurde am Freitag in Brüssel festgenommen.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Die Korruptionsvorwürfe sorgen in der EU für Entsetzen und führen nun zu ersten Konsequenzen. Die festgenommene EU-Abgeordnete Eva Kaili wird als Vizeparlamentspräsidentin des Europäischen Parlaments "mit sofortiger Wirkung" suspendiert.
Die unter Korruptionsverdacht festgenommene griechische Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Eva Kaili, verliert mit sofortiger Wirkung alle ihr in dieser Funktion übertragenen Befugnisse, Pflichten und Aufgaben. Dies entschied am Samstag Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, wie eine ihrer Sprecherinnen mitteilte. Eine endgültige Absetzung Kailis von dem Posten als Vizepräsidentin kann nur das Parlament selbst beschließen.
Hintergrund der Entscheidung sind Ermittlungen der belgischen Justiz zu mutmaßlicher Bestechung und Bestechlichkeit, Geldwäsche und versuchter Einflussnahme auf politische Entscheidungen durch das Emirat Katar, den Gastgeber der laufenden Fußball-WM. Am Freitag war in Brüssel Kaili, eine der 14 Vizepräsidenten des EU-Parlaments, verhaftet worden. Auch vier Italiener wurden festgenommen, unter ihnen Kailis Lebensgefährte Francesco Giorgi, der parlamentarischer Mitarbeiter der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament ist. Festgenommen wurden zudem der ehemalige sozialdemokratische Europaabgeordnete und heutige Chef der Nichtregierungsorganisation Fight Impunity, Pier Antonio Panzeri, sowie der Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB), Luca Visentini.
Die ehemalige TV-Moderatorin Kaili wurde mittlerweile zum Gesicht des Skandals. Die 44-Jährige war für die PASOK-Partei ins Parlament gewählt worden, die zusammen mit der SPD zur sozialdemokratischen Fraktion gehört.
"Bei krimineller Energie hilft kein Verhaltenskodex"
Die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley, die ebenfalls einen der Vizepräsidentenposten im Parlament bekleidet, begrüßte die schnelle Reaktion von PASOK. Auch die sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament habe "sofort reagiert", lobte sie in den ARD-"Tagesthemen": "Wir tolerieren keine Korruption. Korruption ist Gift für die Demokratie." Eigentlich habe das Parlament strenge Regeln für die Arbeit von Lobbyisten, strengere als die meisten nationalen Parlamente. "Aber wenn wirklich kriminelle Energie im Spiel ist, dann hilft eben auch kein Verhaltenskodex und keine Offenlegungspflicht. Dann kann man nur mit den Mitteln des Strafrechts ran", so die Sozialdemokratin, die im Europaparlament der gleichen Fraktion wie Kaili angehört.
Die Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament forderte indes eine umfassende Untersuchung der Korruptionsvorwürfe. "Wir werden nicht akzeptieren, dass es so weitergeht", erklärte die Fraktion. "Wir müssen unsere Regeln verschärfen, damit so etwas nicht noch einmal passieren kann." Auch der Direktor von Transparency International, Michiel van Hulten, kritisierte eine "Kultur der Straflosigkeit" im Parlament sowie laxe Finanzvorschriften und Kontrollen und sagte, es sei "Zeit für eine grundlegende Reform" im Europäischen Parlament.
Dem Parlament, das sich gern als Vorreiter im Kampf gegen Korruption sieht, droht ein ungeheurer Image-Schaden. Ob sich die Vorwürfe erhärten, dürfte sich schon bald zeigen. An diesem Sonntag will die belgische Justiz darüber entscheiden, ob die fünf im Gefängnis bleiben.
Quelle: ntv.de, ino/ghö/AFP/dpa