Politik

Nato-Talk bei "Anne Will" Kann Europa sich auf Trump verlassen?

Wills Gäste, von links nach rechts: Klaus Scharioth, Bernd Ulrich, Peter Altmaier, John Kornblum und Sahra Wagenknecht.

Wills Gäste, von links nach rechts: Klaus Scharioth, Bernd Ulrich, Peter Altmaier, John Kornblum und Sahra Wagenknecht.

(Foto: NDR/Dietmar Gust)

Erst skizziert US-Präsident Trump in düsteren Farben das Ende der Nato, dann hingegen schwört sein Vizepräsident dem alten Kontinent auf der Münchner Sicherheitskonferenz die Treue. Wie geht Europa mit dem Zickzackkurs um?

Seit Donald Trump die Nato im Wahlkampf zum ersten Mal als "obsolet" bezeichnete, herrscht auf dieser Seite des Atlantiks Aufruhr: Wird der US-Präsident seine Drohung in die Tat umsetzen und die Führungsrolle der Vereinigten Staaten innerhalb des strategischen Verteidigungsbündnisses aufgeben? Und falls ja, was wird dann aus Europa? Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wurde am Wochenende intensiv über diese und ähnliche Fragen diskutiert - und Anne Will möchte von ihren Talkgästen am Sonntagabend wissen, was wir von den Antworten zu halten haben.

Vizepräsident Mike Pence (l.) und Verteidigungsminister Jim Mattis (r.) vertraten bei der Münchner Sicherheitskonferenz das neue Amerika unter Präsident Donald Trump.

Vizepräsident Mike Pence (l.) und Verteidigungsminister Jim Mattis (r.) vertraten bei der Münchner Sicherheitskonferenz das neue Amerika unter Präsident Donald Trump.

(Foto: AP)

Ins Berliner Studio haben es der Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), die Linken-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht, der ehemalige US-Botschafter John Kornblum, der stellvertretende "Zeit"-Chefredakteur Bernd Ulrich sowie Klaus Scharioth, ehemaliger deutscher Botschafter in den USA, geschafft.

"Wir sind mitten in einem Zeitenwandel und wir müssen schauen, wie wir da zusammen durchkommen", versucht sich Kornblum in Zweckoptimismus. Der Ex-Botschafter ist überzeugt, dass Trumps rumpelige Art ein lange überfälliges Umdenken bei den europäischen Partnern bewirkt, die sich bislang zu sehr auf die Anstrengungen der USA verlassen hätten: "Das Problem ist schon seit langem, dass Deutschland nicht 'delivered', also müssen die Amerikaner abliefern." Kornblum bezieht sich dabei auf das vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel der Nato, das kaum ein EU-Land erreicht: Während die USA 3,6 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes in den Verteidigungshaushalt stecken, sind es in Deutschland zum Beispiel 1,2 Prozent.

"Trump hat alle wichtigen Institutionen unterminiert"

Kornblums deutscher Botschafterkollege sieht den Unterschied in den Anstrengungen allerdings weniger kritisch: "Das Ziel ist ja gesetzt: Wir hatten eine Steigerung der Militärausgaben um acht Prozent im vergangenen Jahr, da dauert es dann auch nicht mehr lang, bis wir die Zwei-Prozent-Grenze erreicht haben", sagt Scharioth und lenkt den Fokus der Diskussion weg von technischen Details und hin zu grundsätzlicheren Fragen: "Ich kann mich an keinen Präsidenten erinnern, der sich in den vergangenen 100 oder 150 Jahren ähnlich undemokratisch verhalten hat wie Trump."

Sollte er seinen Kurs beibehalten, dürfte sich das schließlich zu einem ungleich größeren Problem auswachsen. "Er ist vier Wochen dran und hat in dieser Zeit alle wichtigen Institutionen unterminiert. Es ist eine offene Frage, ob die USA unter Trump eine Demokratie bleiben", stimmt Ulrich seinem Vorredner zu und hofft darauf, dass die Arbeit der Journalistenkollegen in den Staaten früh genug Früchte trägt, um die amerikanische Demokratie zu erhalten.

Ganz so düster wie Ulrich sieht der Rest der Runde die Situation zwar noch nicht, bis auf Kornblum sind sich aber alle darüber einig, dass die USA momentan nicht unbedingt der verlässlichste Partner in außenpolitischen Fragen sind. Wie schwierig es allerdings für Europa werden dürfte, das Machtvakuum auszufüllen, dass die USA im Falle eines Rückzugs aus der Nato hinterlassen würden, zeigt sich schon an einem schrillen und unangenehm hitzig geführten Streit zwischen CDU-Mann Altmaier und Linken-Fraktionsvorsitzender Wagenknecht über den richtigen Weg zur Selbständigkeit: Die beiden Politiker demonstrieren quasi am Modell die Uneinigkeit der so unterschiedlich regierten Nato-Mitgliedsländer, die bislang immer dazu geführt hat, dass eben doch wieder die USA vorneweg gingen.

Falls die Vereinigten Staaten ihre Führungsrolle aufgeben, bliebe Europa indes kaum eine andere Wahl, als erwachsen zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Wieviel es auf diesem Weg noch zu tun gäbe, hat "Anne Will" an diesem Sonntagabend bewiesen.

Quelle: ntv.de

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