USA geben Startschuss für Abzug Karsai bald allein zu Haus
23.06.2011, 12:47 Uhr
Präsident Hamid Karsai sagt, sein Land könne die Taliban bald alleine bezwingen.
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Der Startschuss ist gefallen - nun ziehen andere Nationen nach. Die Ankündigung der USA, in Kürze ein Drittel ihrer Soldaten aus Afghanistan abzuziehen, ermutigt Frankreich, Großbritannien und Deutschland, konkreter über die eigenen Pläne zu sprechen. Afghanistans Präsident Karsai begrüßt die Entwicklung.
Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat den geplanten ersten Teilabzug der US-Truppen aus seinem Land begrüßt. Es handle sich um einen "guten Schritt", der im Interesse der USA und Afghanistans sei, sagte Karsai. Sein Land unterstütze deshalb die Pläne von US-Präsident Barack Obama. Zugleich gratulierte er der eigenen Bevölkerung "zu diesem Schritt auf dem Weg zu einer Verteidigung des eigenen Bodens durch das eigene Volk". Karsai hatte in den vergangenen Monaten zunehmend Kritik an den ausländischen Truppen in Afghanistan geübt und damit besonders das Verhältnis zu den USA belastet. Karsai hatte gewarnt, die Afghanen könnten die internationalen Streitkräfte als "Besatzer" wahrnehmen, wenn sie nicht rücksichtsvoller vorgingen. Und tatsächlich: Umfragen ergaben, dass zwei Drittel der Bevölkerung so denkt.
Der Teilabzug wird den Kampf gegen die Taliban nach Einschätzung des afghanischen Verteidigungsministeriums nicht schwächen. "Es gibt keinen Grund zur Sorge, weil der Abzug dieser Soldaten keinen Einfluss auf Sicherheit oder geplante Operationen haben wird", sagte Ministeriumssprecher Sahir Asimi. Die afghanischen Sicherheitskräfte seien "vollständig darauf vorbereitet, das Vakuum zu füllen". Zahlreiche Experten und Beobachter, darunter auch aus den Reihen der Bundeswehr, bezweifeln dies jedoch.

Deutscher Soldat in Afghanistan: Auch die Bundeswehr hat über 30 Tote am Hindukusch zu beklagen.
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Obama will bis zum kommenden Sommer 33.000 Soldaten, also ein Drittel der eingesetzten Kräfte, aus Afghanistan abziehen. Bereits bis Ende dieses Jahres wird die Truppenstärke bereits um 10.000 Soldaten verringert. Bis Ende 2014 sollen dann alle Truppen abziehen und die afghanischen Sicherheitskräfte die Verantwortung übernehmen.
Die Bundesregierung will sich anders als die USA noch nicht auf eine Größenordnung für den Truppenabzug aus Afghanistan in diesem und im nächsten Jahr festlegen. "Wir haben Vorstellungen, aber wir wollen erst dann konkrete Zahlen nennen, wenn sie verkündungsreif sind", sagte Außenminister Guido Westerwelle. "Zuvor werden wir nicht spekulieren." Die Größenordnung für den Abzug werde erst nach Abstimmung mit den europäischen Partnern festgelegt.
Parallel zu den Vereinigten Staaten
Frankreich gab hingegen einen "schrittweisen Abzug" seiner Streitkräfte bekannt. Der Umfang und der Zeitplan des Abzugs solle sich an dem der US-Streitkräfte orientieren, erklärte das Büro des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Nach Angaben des Elysée-Palastes telefonierte Obama vor seiner Rede mit Sarkozy, um sich "über unser gemeinsames Engagement in Afghanistan" zu unterhalten. Dabei habe Sarkozy betont, dass Frankreich "die Analyse und die Ziele der USA teile und die Entscheidung Obamas begrüße". Zugleich betonte er, dass "Frankreich weiterhin mit seinen Verbündeten an der Seite des afghanischen Volkes stehe, um den Übergangsprozess zum Abschluss zu führen". Frankreich hat derzeit 4000 Soldaten in Afghanistan im Einsatz.

US-Präsident Obama gibt die Richtung vor.
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Der britische Premierminister David Cameron bekräftigte seine Pläne, die 9000 Soldaten seines Landes bis 2015 aus Afghanistan abzuziehen. Cameron begrüßte die Entscheidung der US-Regierung. Auch die britische Truppenstärke werde ständig überprüft. "Es wird 2015 in Afghanistan keine britischen Truppen mit Kampfaufgaben mehr geben", sagte der Premierminister. Wo es die Umstände erlauben, würden die Truppen aber früher nach Hause geholt. Großbritannien werde weiterhin mit seinen Partnern an einer politischen und militärischen Lösung arbeiten, um die Sicherheit des Landes in die Verantwortung der Bevölkerung zu übergeben, sagte Cameron.
Die Taliban bezeichneten den angekündigten Teilabzug von US-Truppen aus Afghanistan als nicht ausreichend. Mehr noch: Sie drohten mit einer Eskalation der Gewalt. "Die Lösung der Krise in Afghanistan liegt in dem sofortigen vollständigen Abzug aller ausländischen Truppen", teilten die radikal-islamischen Aufständischen mit. "Solange dies nicht geschieht, wird unser bewaffneter Kampf Tag für Tag stärker werden."
Quelle: ntv.de, jmü/dpa/rts/AFP