"Wir wären als Volkspartei erledigt" Kauder lehnt Schwarz-Grün ab
24.05.2011, 10:57 Uhr
Die CDU will modern sein, kann das in Großstädten aber offenbar nicht glaubhaft vermitteln.
(Foto: dapd)
Nach der Wahlniederlage in Bremen diskutiert die Union weiter mögliche Konsequenzen, wie etwa eine Öffnung hin zu den Grünen. Diese lehnt Fraktionschef Kauder allerdings strikt ab. Stattdessen müsse die Union dringen in die "heterogenen Lebenssituationen" von Großstädten eintauchen. Andere CDU-Politiker fordern eine Kurskorrektur.
Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder hat nach den jüngsten Wahlergebnissen davor gewarnt, den Grünen hinterherzulaufen. "Wir dürfen uns jetzt keine Koalitionsdebatte aufreden lassen. Wenn wir beginnen würden, den Grünen hinterherzulaufen, dann wäre die Union als Volkspartei erledigt", sagte der CDU-Politiker der "Leipziger Volkszeitung". Kauder beklagte, dass die Union in vielen großstädtischen Milieus "fast nicht mehr vertreten" sei. Die Union müsse dringend "eintauchen in diese heterogenen Lebenssituationen", mahnte er. "Wer da nicht verankert ist, kann auch nicht richtig mitreden."
In Berlin sieht Kauder mit Blick auf die Abgeordnetenhauswahl im September die Union auf gutem Weg. "Wenn es aber jetzt noch gelingt, mit einem Zehn-Punkte-Programm für ein modernes Berlin in die Offensive zu kommen, dann kann es am Ende gelingen, Regierungsverantwortung auch in Berlin zu erringen", sagte er. In den letzten Umfragen liegt die CDU in Berlin bei 20 Prozent.
Union muss hoffen
Nach Ansicht des Bonner Politikwissenschaftlers Gerd Langguth gibt es für die CDU kein Rezept, um den Aufstieg der Grünen in Großstädten zu verhindern. Die CDU habe "ein eindeutiges Großstadtproblem", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dies gelte besonders für die Universitätsstädte, wie zuletzt die Bürgerschaftswahl am Sonntag in Bremen gezeigt habe. Auch die SPD könne dort nirgendwo mehr zulegen. "Da ist nicht viel zu machen."

Dauerhoch: Die Grünen können sich derzeit über Erfolg nach Erfolg freuen - hier die Parteichefs mit der Bremer Spitzenkandidatin Linnert (Mitte).
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"Die Grünen haben Themen, die im Augenblick die gesamte Wählerschaft ansprechen", sagte der Parteienforscher Jürgen Falter im Interview mit n-tv.de. Der Höhenflug könne durchaus noch das ganze Jahr anhalten. "Das Thema Energiewende wird uns länger beschäftigen und die Grünen werden bei diesem Thema immer als das Original dastehen." Aber die mit veränderter Themenlage werde sich das wieder ändern. Derzeit seien es außergewöhnliche Spitzenwerte. Die CDU könne zunächst nur hoffen, dass sich die Stimmung wieder ändere.
Das Schwarz-Grün im Bund eine echte Option ist, glaubt Falter allerdings nicht. "Die Grünen sind ja immer noch zu großen Teilen eine gesellschaftsverändernde Kraft, sie wollen mindestens ebenso stark wie die SPD bestimmte Gerechtigkeitsvorstellungen verwirklichen", sagte der Mainzer Parteienforscher. "Und dafür erscheint ihnen die CDU weniger geeignet als derzeit die SPD."
Sozialere Ausrichtung?
Der Chef der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Peter Weiß, verlangte von der CDU eine Kurskorrektur. "Sie muss sich wieder stärker als Partei der normalen Arbeitnehmer profilieren", sagte er den "Stuttgarter Nachrichten". Viele Bürger hätten das Gefühl, es gehe beim Verteilen der Aufschwungdividende ungerecht zu. Der Bundesparteitag der CDU im November in Leipzig müsse das Zeichen setzen: "Jawohl, die CDU kümmert sich um die einfachen Leute."
Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach unterstützte die Haltung von Weiß. "In den letzten Jahren wurde die Sozialpolitik fast nur vor dem Hintergrund debattiert, wie das soziale Netz noch enger geknüpft werden kann. Wir müssen uns nun verstärkt mit den Interessen der Menschen beschäftigen, die von morgens bis abends dafür arbeiten, dass dieses dichte Netz an sozialer Sicherheit auch auf Dauer Bestand haben kann", sagte Bosbach dem Blatt.
Altmeier warnt vor Richtungsstreit
Dagegen hat Unionsfraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier hat die CDU vor einer Spaltung gewarnt. "Wir haben uns eine Richtungsdebatte aufdrängen lassen, wie es sie in den letzten 30 Jahren nicht gegeben hat", sagte Altmaier. Die CDU werde in Modernisierer auf der einen Seite und Bewahrer und Stammwähler auf der anderen Seite eingeteilt. "Dieser Gegensatz ist völlig falsch." Die CDU vertrete eine "bürgerliche Moderne". Der "erste Anwendungsfall" dafür sei die Energiewende.
Altmaier sagte, die Bremer Bürgerschaftswahl am Sonntag sei für die CDU "suboptimal gelaufen" und ihr Abrutschen auf den dritten Platz hinter SPD und Grünen "sehr unerfreulich". Das habe lokale und grundsätzliche Aspekte. "Darüber muss man reden." Im Kern müsse die CDU aber über die Energiewende hinaus nichts ändern.
Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP