Regierung befürchtet den Ansturm Kein Hartz IV für EU-Zuwanderer
09.03.2012, 11:32 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Bundesagentur für Arbeit sieht "keinen Handlungsbedarf", dennoch will die Bundesregierung prophylaktisch eingreifen. So sollen alle Neuzuwanderer aus der EU künftig keine Hartz-IV-Leistungen mehr erhalten, das Arbeitsministerium spricht von einer notwenigen Rechtsangleichung. Die Opposition reagiert mit Unverständnis.
Das Bundesarbeitsministerium hat die Anweisung verteidigt, arbeitsuchenden Zuwanderern aus allen EU-Staaten keine zu zahlen. "Als Fachkräfte brauchen wir qualifizierte Zuwanderer, die hier arbeiten und ihren Beitrag leisten", sagte Ministeriumssprecher Jens Flosdorff. "Willkommenskultur bedeutet nicht die Einladung zur Einwanderung in die Sozialsysteme."
Die "Frankfurter Rundschau" hatte zuvor berichtet, die schwarz-gelbe Bundesregierung wolle angesichts steigender Arbeitslosenzahlen in südeuropäischen Ländern den Zuzug arbeitsuchender EU-Bürger nach Deutschland erschweren. Bisher hatten auf Grundlage eines europäischen Abkommens aus der Zeit vor Gründung der EU arbeitsuchende Zuwanderer aus einigen Ländern Anspruch auf vergleichbare Leistungen: So bekamen Spanier und Portugiesen Hartz-IV-Leistungen, Österreicher oder Polen jedoch nicht.
Flosdorff sagte dazu, es handele sich dabei um eine notwendige Rechtsangleichung. " Die rechtliche Ungleichbehandlung von EU-Bürgern hätte europarechtliche Probleme gebracht. Die haben wir jetzt abgeschafft." Für arbeitsuchende EU-Ausländer gebe es die Möglichkeit, bereits im Heimatland über die Zentrale Auslandsvermittlung der Bundesagentur für Arbeit "die Fühler nach einem Arbeitsplatz in Deutschland auszustrecken".
Oppositionsvertreter reagierten mit Unverständnis. " Die Zahl derjenigen Zuwanderer, die direkt nach der Ankunft in Deutschland Hartz IV beantragt haben, geht gegen Null", sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Elke Ferner, der "FR". Die Bundesregierung falle mit Blick auf arbeitswillige Migranten aus der EU "sozialpolitisch auf den Stand vor 1953 zurück".
Auch nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit besteht "eigentlich kein Handlungsbedarf", da Zuwanderung aus EU-Ländern in die deutschen Sozialsysteme bislang nur im Einzelfall aufgetreten sei. Es handele sich offenbar um "vorbeugende Maßnahmen", teilte die Nürnberger Behörde mit.
Erziehungsgeld für alle
Gerade erst sorgte das Bundesverfassungsgericht in einem ähnlichen Fall für Klarheit. Nach einem , das Donnerstag veröffentlicht wurde, muss der Freistaat Bayern auch Bürgern aus Nicht-EU-Staaten Erziehungsgeld zahlen. Die bisherige bayerische Regelung, die Zahlung auf EU-Bürger zu beschränken, verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. "Der verfassungsrechtliche Schutz der Familie ist nicht auf Deutsche beschränkt." (Az.: 1 BvL 14/07). Die bayerische Staatsregierung kündigte als Reaktion eine "zeitgemäße Neuregelung" an.
Der Freistaat hatte 1989 das Landeserziehungsgeld eingeführt. Es soll Eltern ermöglichen, über einen längeren Zeitraum Elternzeit zu nehmen und ihre Kinder selbst zu betreuen. Das im Anschluss an das Elterngeld gezahlte Erziehungsgeld hängt vom Einkommen ab und beträgt derzeit für das erste Kind maximal 150 Euro im Monat, ab dem zweiten Kind 200 Euro und ab dem dritten Kind bis zu 300 Euro. Ähnliche Regelungen gibt es auch in Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen. In Bayern ist die Leistung allerdings im Gegensatz zu anderen Ländern auf EU-Bürger beschränkt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP