Nach Tod von Eric Garner Keine Anklage gegen weißen Polizisten
16.07.2019, 21:50 Uhr
"I can't breathe", waren Eric Garners letzte Worte, "ich kann nicht atmen".
(Foto: picture alliance/dpa)
Bei einem gewaltsamen Polizeieinsatz in New York stirbt ein Afroamerikaner. Eric Garners Tod vor fünf Jahren befeuert die Bürgerrechtsbewegung "Black Lives Matter". Bis heute kämpft seine Familie um Gerechtigkeit. Doch nun stellt auch das Justizministerium die Ermittlungen ein.
"I can't breathe", sind Eric Garners letzte Worte, "ich kann nicht atmen". Der Afroamerikaner sagt sie mehrfach, bevor er an jenem heißen Julitag 2014 stirbt. Bekannt werden sollen diese Worte durch das Handyvideo eines Freundes. Er filmte damals, wie die Polizei versucht, Garner wegen des illegalen Verkaufs von Zigaretten festzunehmen. "Please just leave me alone", sagt Garner in dem Video, "bitte lasst mich in Ruhe." Doch die Polizisten überwältigen ihn, einer nimmt ihn in eine Art Schwitzkasten. Kurz darauf ist Garner tot. Woran genau er starb, ist bis heute nicht geklärt. Nun stellt das Justizministerium die Ermittlungen gegen den verantwortlichen Polizisten ein - ohne Anklage.
Polizeibrutalität gegen Afroamerikaner wurde in den USA zwar schon vorher immer wieder beklagt, trotzdem wird der Fall Garner in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem Wendepunkt. Die kurz zuvor gegründete "Black Lives Matter"-Bewegung nimmt seine letzten Worte zum Schlachtruf und sorgt dafür, dass dieser und auch die Fälle danach viel mehr Aufmerksamkeit und Kritik nach sich ziehen als zuvor: Michael Brown in Ferguson, Walter Scott in North Charleston oder Freddie Gray in Baltimore beispielsweise. Vielerorts werden Polizisten mit Kameras ausgestattet, neue Richtlinien eingeführt und spezielle Trainings angeordnet.
Im Fall Garner aber passiert erstmal wenig. Der Polizist, der ihn in den Schwitzkasten nahm, wird auf einen Schreibtischjob versetzt, aber eine Jury spricht sich gegen einen Strafprozess aus. Am Dienstag verkündet nun auch das Justizministerium, die Ermittlungen gegen den Polizisten auf Bundesebene ohne Anklage einzustellen. Es gebe nicht ausreichend Beweise dafür, dass er gegen das Gesetz verstoßen habe, sagte Staatsanwalt Richard Donoghue. Seine Behörde hatte fünf Jahre Zeit, um Anklage zu erheben. Bereits vor wenigen Wochen war ein polizei-internes Verfahren zu Ende gegangen, jetzt liegt es an New Yorks Polizeichef James O'Neill, ob der Beamte gefeuert oder bestraft wird. Garners Familie hatte die Stadt New York verklagt und eine Entschädigung von rund 5,9 Millionen Dollar (etwa 5,2 Millionen Euro) bekommen.
Fälle von Polizeibrutalität oft nicht aufgeklärt
Auch viele andere Fälle bleiben ungeklärt und folgenlos. Die breite Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit an der "Black Lives Matter"-Bewegung und Polizeibrutalität hat mittlerweile deutlich nachgelassen. Vor allem seit mit der Trump-Regierung so viele Aufreger-Themen gleichzeitig um Aufmerksamkeit kämpfen.
Das Problem ist unterdessen jedoch alles andere als gelöst: Fast 500 Menschen sind allein in diesem Jahr bereits von der Polizei erschossen worden, wie aus einer Datenbank der "Washington Post" hervorgeht. Für weltweite Schlagzeilen sorgte keiner dieser Fälle.
"Eric weint im Himmel, weil er seine Mutter und seine Familie hier unten sehen kann, wie sie immer noch um Gerechtigkeit für ihn kämpfen", sagte Gwen Carr, die Mutter von Eric Garner, jüngst. "Es ist fünf Jahre her - seit fünf Jahren sind wir an der Front und rufen nach Gerechtigkeit, aber immer noch wird alles unter den Teppich gekehrt." Nachdem das Justizministerium mitteilte, keine Anklage zu erheben, sagte Garners Mutter Carr: "Vor fünf Jahren hat mein Sohn elfmal 'I can't breathe' gesagt und heute können wir nicht atmen, weil man uns im Stich gelassen hat."
Am Tompkinsville Park, wo Eric Garner starb, zwischen einem Taxi-Serviceladen und einem Schönheitssalon, ist ein improvisiertes Gedenkschild hinter Plastik an die Wand genagelt: "Im Andenken an Eric Garner, der hier am 17. Juli 2014 von der New Yorker Polizei ermordet wurde", steht darauf. "Möge seine Seele in Frieden ruhen."
Quelle: ntv.de, ahe/dpa