Tote bei Kämpfen in der Ostukraine Kiew spricht offiziell von "Krieg"
05.05.2014, 12:07 Uhr
Prorussische Separatisten haben ebenso wie die ukrainische Armee Straßensperren rund um Slawjansk errichtet.
(Foto: AP)
Bei Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten nahe der östlichen Stadt Slawjansk werden mehrere Menschen getötet. Interimspräsident Turtschinow spricht von "Krieg" und macht Russland dafür verantwortlich.
Trotz laufender "Anti-Terror-Einsätze" in der Ostukraine rechnet die Übergangsregierung in Kiew kaum noch mit einer Rückgewinnung der von Separatisten beherrschten Gebiete. Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow macht dafür erneut Russland verantwortlich und warf Moskau offiziell Kriegstreiberei vor. "Es ist ein Krieg gegen unser Land im Gange vonseiten der Russischen Föderation - sowohl im Osten als auch im Süden des Landes". Russland versuche die Lage vor der Präsidentenwahl am 25. Mai "völlig zu destabilieren", sagte Turtschinow dem Kiewer Fernsehsender 5. Kanal.
Bei neuen Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten nahe der östlichen Stadt Slawjansk waren erneut mehrere Menschen getötet worden. "Es gab Tote", sagte der ukrainische Innenminister Arsen Awakow bei einem Kontrollpunkt der Armee etwa sechs Kilometer vom Schauplatz der Gefechte entfernt. Ob die Todesopfer aus den Reihen der Regierungstruppen oder der Separatisten kommen, ist noch unklar.
Militante prorussische Kräfte hatten zuvor über neue Angriffe von Regierungstruppen berichtet. In dem strategisch wichtigen Slawjansk mit einem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt sind seit Tagen ukrainische Soldaten mit Panzerfahrzeugen, Hubschraubern und Gefechtswagen im Einsatz.
"Sympathien für eine Abspaltung"
Turtschinow beklagte, im Osten der Ukraine habe Moskaus Führung ihre Pläne bereits verwirklicht. In dem Interview räumte er ein, dass es in der Region viele Anhänger einer Abspaltung von der Ukraine gebe. "Sagen wir doch mal ehrlich: Die Bürger dieser Regionen unterstützen die Separatisten, sie unterstützen die Terroristen, was die Durchführung der Anti-Terror-Operation erheblich erschwert."
Auch das russische Staatsfernsehen strahlte den Teil des Interviews aus, in dem Turtschinow einräumte, dass es in der Region Sympathien für eine Abspaltung von der Ukraine gebe. Erschwerend komme hinzu, dass die Polizei mit den prorussischen Kräften sympathisiere. "Das ist ein kolossales Problem", sagte Turtschinow. Der Politiker warf dem im Februar gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch vor, die "Provokationen" zu finanzieren. Janukowitsch hält sich in Russland auf.
Prorussische Separatisten haben nach eigenen Angaben zentrale Gebäude in Donezk und weiteren Großstädten wieder unter ihrer Kontrolle. "Wir haben die Verwaltungsgebäude in den entscheidenden regionalen Zentren eingenommen", sagte der Anführer der selbsternannten Volksmiliz, Miroslaw Rudenko, am Sonntag der Agentur Interfax. Neben Slawjansk seien auch in Kramatorsk die wichtigsten Gebäude in den Händen der Separatisten.
Berlin weitet Reisewarnung aus
Reisende sollten derzeit auch die Südukraine meiden. Das Auswärtige Amt in Berlin erweiterte seinen Reisehinweis für das Land und rät nun auch dringend von Reisen in die südlichen Landesteile ab. Bislang galt das nur für den Osten und die Krim. Grund dafür sind gewaltsame Ausschreitungen auch in Odessa. Die meisten Reiseveranstalter und Reedereien bieten derzeit wegen der Krise ohnehin keine Reisen in die Ukraine an.
Merkel telefoniert erneut mit Putin
Unterdessen forderte der russische Präsident Wladimir Putin in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel laut Kreml einen Dialog der Konfliktparteien in der Ukraine. Putin bekräftigte seine Haltung, wonach die prowestliche Führung in Kiew dringend das Gespräch mit den moskautreuen Protestführern im Südosten des Landes suchen müsse.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier wirbt zur Beilegung des Konflikts für eine zweite Genfer Konferenz. Es müssten endlich klare Verabredungen getroffen werden, wie man den Konflikt zum Stillstand bringe und einer politischen Lösung zuführe, sagte Steinmeier in der ARD. Der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Didier Burkhalter, wird nach Kremlangaben am Mittwoch zu Gesprächen über die Ukraine-Krise nach Moskau reisen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will bereits zuvor in Washington mit der US-Regierung über eine gemeinsame Haltung in der Ukrainefrage beraten.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP