"Weg zum globalen Desaster" Klimakonferenz vor Scheitern
14.08.2009, 20:36 UhrBei der Bonner UN-Vorkonferenz für den Weltklimagipfel in Kopenhagen haben harte Fronten zu einer Blockade der Verhandlungen geführt. Umweltverbände warnten vor einer "gefährlichen Situation", die ein substanzielles neues Klima-Abkommen verhindern könnte.
Wenn die Verhandlungen mit derart geringem Tempo und Engagement weitergingen, sei ein Erfolg im Dezember in Kopenhagen nicht möglich, warnte der Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, zum Abschluss der fünftägigen Konferenz in Bonn. An dem schleppenden Verlauf seien auch die Industrieländer schuld, deren bisherige Vorgaben zur Minderung von Treibhausgasen und Zusagen von Finanzhilfen nicht ausreichten.
Umstritten sind unter anderem die Zielvorgaben für die Senkung der Treibhausgasemissionen.
(Foto: picture-alliance/ ZB)
Auch der US-Vertreter Jonathan Pershing sprach von Schwierigkeiten, zeigte sich jedoch optimistisch, dass diese bewältigt werden könnten. "Wir können das auf jeden Fall schaffen." Der Verhandlungsführer des EU-Ratsvorsitzenden Schweden, Andres Turesson, bewertete die Angebote der entwickelnden Staaten dagegen als völlig unzureichend.
"Immer noch dieselben Probleme"
Bei den Verhandlungen seien Industriestaaten, Schwellenländer wie China und Indien sowie Entwicklungsländer nicht annähernd auf einen gemeinsamen Nenner gekommen, hieß es aus Delegationskreisen. Die Verhandlungen seien "festgefahren". Selbst der bisher rund 200 Seiten starke Vertragsentwurf konnte nicht nennenswert eingedampft werden. Strittig ist vor allem die Minderung klimaschädlicher Treibhausgase.
Hauptstreitpunkt ist die Verteilung der Lasten zwischen den reichen Staaten und den Schwellenländern. Die Industriestaaten verlangen eine stärkere Einbeziehung der ärmeren Staaten, die wiederum deutlich mehr Einsatz vom Westen und Japan fordern. "Wir haben immer noch dieselben Probleme, die uns bislang im Wege gestanden haben", sagte der chinesische Delegationsleiter Yu Qingtai.
So fordern China und Indien von den reicheren Staaten, bis 2020 ihre Emissionen um mindestens 40 Prozent unter den Werten von 1990 zu senken. Zudem verlangen die Schwellenländer Hilfsgelder in Milliardenhöhe für Umweltschutzmaßnahmen und saubere Technologie. Yu zufolge ist China - inzwischen der weltgrößte Produzent von Treibhausgasen - zwar grundsätzlich gewillt, den Ausstoß von CO2 zu drosseln. Allerdings müsse der Kampf gegen die Armut weiterhin höchste Priorität haben.
Deutlich unter den Zielwerten
Yvo de Boer fordert mehr Anstrengungen in Sachen Klima - ansonsten werde die Konferenz in Kopenhagen scheitern.
(Foto: dpa)
Vier Monate vor dem Klimagipfel berieten rund 2400 Delegierte über das anvisierte neue Abkommen. Es soll in der dänischen Hauptstadt als Nachfolgepakt für das Ende 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll beschlossen werden. Ziel ist eine mittel- und langfristige Verminderung klimaschädlicher Treibhausgase, um die fortschreitende Erderwärmung zu begrenzen.
Nach Berechnungen des UN-Klimasekretariats und von Umweltverbänden liegen die bisherigen Ankündigungen der Industrieländer zur CO2-Minderung mit minus 13 bis 20 Prozent noch deutlich unter einem Korridor von minus 25 bis 40 Prozent bis 2020 gegenüber 1990. Solche Werte wären nach Ansicht des Weltklimarats ungefähr notwendig, um den Anstieg der Erderwärmung bis zum Jahrhundertende auf zwei Grad Celsius zu begrenzen.
"Das Papier nicht wert …"
Umweltverbände kritisierten auch, dass bei den Verhandlungen die vagen Ankündigungen des G8-Gipfels nicht umgesetzt worden seien. Bekenntnisse könnten ein rechtlich verbindliches Abkommen nicht ersetzen, kritisierte Germanwatch-Klimaexperte Christoph Bals. "Sonst landen wir in Kopenhagen bei einer politischen Erklärung, die das Papier nicht wert ist, auf der sie steht."
Yvo de Boer appellierte an die Regierungen, die in den nächsten Monaten noch geplanten Treffen auch auf höchster Ebene der Staats- und Regierungschefs zu nutzen, um vor Kopenhagen die notwendigen Fortschritte zu machen. Diese Chance dürfe nicht vertan werden. "Ohne ein Abkommen in Kopenhagen würde der Klimawandel außer Kontrolle geraten." Ein Aufschub wäre "ein Weg zum globalen Desaster".
Zwei weitere UN-Vorkonferenzen sollen im September/Oktober in Bangkok und im November in Barcelona stattfinden. Am 22. September sollen am Rande der UN-Vollversammlung in New York auch die Staats- und Regierungschefs nach Lösungen für Kopenhagen suchen. Die G20-Länder sollen sich im September in Pittsburg vor allem mit den noch ungelösten Finanzfragen beschäftigen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts