Nachsitzen für Rot-Grün Koalitionsgespräche verlängert
11.10.2002, 00:01 UhrDie Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen gehen in die Verlängerung. Der neue Koalitionsvertrag solle am Mittwoch offiziell vorgestellt werden, sagte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering nach der achten rot-grünen Gesprächsrunde in Berlin. Ursprünglich wollten die beiden Parteien ihre Verhandlungen am Wochenende abschließen.
Hintergrund sind - neben den noch offenen Personalfragen und der Debatte um den künftigen Zuschnitt der Ressorts - offenbar zahlreiche inhaltliche Differenzen zwischen den Verhandlungspartnern. Am Wochenende wollen sich SPD und Grüne erneut mit Finanzproblemen befassen. Dazu gehören etwa der Einsparbedarf im Bundeshaushalt, die weitere Entwicklung der Ökosteuer und die von den Grünen vorgeschlagenen Einschränkungen beim Ehegattensplitting.
Eckpunkte der Gesundheitsreform
Bei ihrem achten Treffen befassten sich SPD und Grüne mit den Themen Gesundheit, Soziales, Frauen und Kultur. Ein Eckpunkt der geplanten Reformen im Gesundheitswesen ist die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze von 3.375 auf 4.500 Euro im Monat. Mit dem erschwerten Wechsel von Berufsanfängern zu einer privaten Krankenversicherung sollten mehr gut Verdienende bei den gesetzlichen Kassen gehalten werden, erklärte Müntefering. Die Bemessungsgrenze für Kassenbeiträge hingegen solle nicht angetastet werden.
Zudem plant Rot-Grün allein im Bereich der Arzneien Einsparungen von 1,4 Mrd. Euro. Diese sollen zu Lasten von Pharmafirmen, Apothekern und Arznei-Großhändlern erzielt werden, die zu Rabatten und geringeren Verdienstspannen verpflichtet werden sollen. Für Patienten solle es hingegen keine Einschnitte geben, versprechen SPD und Grüne.
Weiterhin haben sich die Bündnispartner auf Maßnahmen geeinigt, mit denen die Verwaltungskosten der Kassen gesenkt und das Vertragsmonopol der Kassenärztlichen Vereinigungen gelockert werden sollen. Ein Bundesbeauftragter für Patientenschutz, der Verbraucher beraten soll, soll berufen und ein Zentrum für Qualität in der Medizin eingerichtet werden.
Bleiben Beiträge stabil?
Nach Einschätzung der Grünen-Sozialexpertin Katrin Göring-Eckardt werden die Reformen dazu führen, die Krankenkassenbeiträge im nächsten Jahr stabil zu halten. "Ich gehe auch davon aus, dass wir mittelfristig zu einer Beitragssenkung in der gesetzlichen Krankenversicherung kommen können, wenn die Reformschritte, die wir jetzt vorhaben, greifen", sagte Göring-Eckardt im Deutschlandfunk.
Keine Entscheidung fiel zunächst über den Zuschnitt des neuen Superministeriums für Soziales, in dem das Gesundheitsressort und Teile des Arbeitsressorts aufgehen sollen.
Stärkung von Frauen
Grünen-Chefin Claudia Roth kündigte an, die Regierung wolle die Gleichstellung von Frauen weiter vorantreiben. Unter anderem solle das Thema im Bündnis für Arbeit behandelt werden. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge solle die Förderung der Gleichstellung künftig berücksichtigt werden. Im Rahmen des Aktionsplans gegen Gewalt gegen Frauen seien arbeitsrechtliche und strafrechtliche Maßnahmen geplant.
Im Bereich Kultur wolle der Bund sein Engagement in der Hauptstadt "erhalten und ausbauen", sagte Roth. Die Kulturförderprogramme für die neuen Länder sollten fortgeschrieben werden. Unter Einbeziehung der Länder solle eine Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" eingesetzt werden, die sich vor allem dem Erhalt der Theaterlandschaft und der Lage der Künstler widmen solle, erklärte Roth.
Quelle: ntv.de