Michael Witti König der Sammelklagen
22.02.2001, 13:39 UhrErst die NS-Zwangsarbeiter, dann die Hinterbliebenenen der Seilbahnkatastrophe von Kaprun - jetzt ein Rundumschlag in Sachen BSE: Wenn es um Sammelklagen geht, sind der Münchner Anwalt Michael Witti und sein US-amerikanischer Kollege Ed Fagan schnell bei der Sache.
Der 44-jährige Witti nutzt gerne die Macht der Masse und lehrte so bereits einige Unternehmen das Fürchten. Erst vor zehn Jahren eröffnete er in München sein erstes Büro, in einem Hinterhaus. Im selben Jahr kam er an seine ersten Fälle. Gegenüber deutschen Versorgungsämtern musste er "verfolgungsbedingte Gesundheitsschäden" von Überlebenden der Konzentrationslager definieren. Erste Erfolge stellten sich ein, einige Mandanten erhielten höhere Renten, und das sprach sich herum. Immer mehr Menschen wandten sich an den quirligen Münchner.
In New York reichte im August 1998 der Anwalt Ed Fagan Sammelklagen gegen BMW, Volkswagen, Daimler-Benz und andere Unternehmen ein. Das Ziel: Entschädigungszahlungen für ehemalige NS-Zwangsarbeiter. Zuvor hatte Fagan bereits gegen Schweizer Banken geklagt. Witti bot Fagan seine Mitarbeit an - das Duo gilt als rastlos, kämpferisch - und erfolgreich. In einem Interview sagte Witti einst, er und Fagan seien eine "geniale Kombination". Vor allem sei "die Kombination gefährlich".
Mit emotionalen Auftritten vor den Zentralen der verklagten Unternehmen, bei denen Holocaust-Überlebende als Kulisse herhalten mussten, haben sich Witti und Fagan nicht nur Freunde gemacht. Im Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung hieß es dazu, es sei traurig, dass man Hollywood-Methoden brauche, um beispielsweise Siemens zum Zahlen zu bringen.
Urteile wie "Hyänen, die sich auf die Beute stürzen", mussten sich Fagan und Witti auch anhören, als sie kurz nach dem Seilbahnunglück auf dem Kitzsteinhorn im November vergangenen Jahres nach Kaprun reisten und erklärten, sie wollten den Hinterbliebenen helfen. Witti sagte, man wolle einen Weg finden, eine Klage vor einem US-Gericht einzureichen, da es in Österreich vergleichsweise mickrige Abfindungen gebe. Acht der 156 Opfer waren US-Bürger. Und der umstrittene Auftritt hat sich offenbar gelohnt: Witti und Fagan vertreten nun eine ganze Reihe Hinterbliebener.
Dass er selbst Geld, viel Geld verdienen möchte, hat Witti nie abgestritten. Dies sei aber nicht das einzige Motiv für seinen Einsatz, so der Anwalt. Als die Lawine mit den Sammelklagen für die NS-Zwangsarbeiter ins Rollen kam, sagte er in einem Interview: "Der Schlüssel zum Erfolg ist, ich vermittle Verständnis und kriege am Ende Geld."
Quelle: ntv.de