"Zutiefst terroristische Tat" Kofferbomber verurteilt
09.12.2008, 10:18 UhrWegen der fehlgeschlagenen Kofferbombenanschläge auf zwei Züge hat das Oberlandesgericht Düsseldorf den Libanesen Youssef Mohamad E.H. zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen der großen Schuld des Angeklagten könne "nur die Höchststrafe die gerechte Antwort des Gesetzes sein", hieß es zur Begründung. Der Islamist und sein Komplize hätten ein "Blutbad von ungeheuren Ausmaßen" anrichten wollen.
Nach knapp einjähriger Prozessdauer folgte der Terrorismussenat mit seinem Urteil der Forderung der Bundesanwaltschaft. Der heute 24-jährige Ex-Student und sein Mittäter Jihad H. hätten durch die Anschläge vom 31. Juli 2006 "eine möglichst große Anzahl von 'Ungläubigen'" töten wollen und sich damit des versuchten Mordes schuldig gemacht, sagte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling. Nur einem Irrtum der beiden Attentäter beim Bombenbau sei es zu verdanken, "dass es nicht zu einem verheerenden Blutbad mit einer Vielzahl von Toten gekommen ist". Der zweite Täter H. wurde bereits im Libanon zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
Mittelfinger gegen Fotografen
Breidling sagte, bei einer Explosion der Sprengsätze in den beiden Regionalzügen nach Hamm und Koblenz wären Erinnerungen an frühere verheerende Attentate wie in London und Madrid wachgerufen worden. Deutschland habe "einem islamistischen Anschlag nie näher gestanden". Es handele sich um eine "zutiefst terroristische Tat", auch wenn der Angeklagte nicht Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen sei. Als Motiv für die Anschlagsplanungen nannte der Richter die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in deutschen Zeitungen.
E.H. nahm das Urteil im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Gerichts ohne sichtbare Regung auf. Vor dem Urteilsspruch zeigte der 24-Jährige jedoch den Fotografen vor der Anklagebank den ausgestreckten Mittelfinger.
Breidling beschrieb den zur Tatzeit 21-jährigen Libanesen als streng religiös. Wegen seiner "radikal-islamistischen Grundeinstellung" habe sich E.H. nach seiner Einreise in die Bundesrepublik nicht in sein neues Lebensumfeld integrieren wollen. "Er lehnte vielmehr 'alles Westliche' vollständig ab und bewunderte seine großen Vorbilder Osama bin Laden und Abu Mussab el Sarkawi."
Verteidigung: Bomben sollten nicht explodieren
Die Verteidiger des Libanesen kündigten noch im Gerichtssaal Revision beim Bundesgerichtshof an. Sie hatten in dem Verfahren vergeblich geltend gemacht, die im Kölner Hauptbahnhof in den beiden Zügen deponierten Kofferbomben hätten gar nicht explodieren sollen. Vielmehr habe ihr Mandant mit Bombenattrappen der Öffentlichkeit nur einen "gehörigen Schrecken" einjagen wollen. Die Sprengsätze waren nicht explodiert, weil die Attentäter den Gasflaschen in den Rollkoffern keinen Sauerstoff beigemischt hatten. Im Gegensatz zur Verteidigung kam das Gericht zu dem Schluss, die Anschläge seien lediglich an den mangelhaften chemischen Kenntnissen des Angeklagten gescheitert.
Die Entdeckung der Sprengsätze in den beiden Regionalzügen hatte vor zweieinhalb Jahren eine Debatte über den Schutz vor Terroranschlägen in Deutschland ausgelöst - die beiden Libanesen waren den Sicherheitsbehörden bei der Vorbereitung der Tat nicht aufgefallen. Auf die Spur waren die Ermittler den damals in Kiel und Köln wohnenden Studenten durch Videoaufnahmen vom Kölner Hauptbahnhof gekommen. In der Urteilsbegründung verteidigte Breidling die Überwachung öffentlicher Plätze: Das Kofferbomben-Verfahren mache "exemplarisch deutlich", wie "außerordentlich hilfreich" die Videoüberwachung bei der Aufklärung schwerster Straftaten sein könne.
Quelle: ntv.de