Politik

CDU öffnet sich bei Homo-Ehe Konservative und CSU in Panik

Konservative in der Union blockieren das (doch durchaus konservative) Modell der gleichberechtigten Homo-Ehe.

Konservative in der Union blockieren das (doch durchaus konservative) Modell der gleichberechtigten Homo-Ehe.

(Foto: dpa)

Noch Anfang Dezember hatten die Konservativen auf dem CDU-Parteitag das aus ihrer Sicht vermutlich Schlimmste verhindert: die steuerliche Gleichstellung von Homo-Ehen. Nun plant die Parteispitze einen Schwenk. Konservativen-Wortführer Wagner postuliert, es dürfe keinen "vorauseilenden Gehorsam vor dem Bundesverfassungsgericht" geben.

Die vorsichtige Öffnung der CDU in Richtung einer stärkeren Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaften hat die Konservativen in der Union aufgeschreckt. Der hessische CDU-Fraktionschef Christean Wagner, einer der Wortführer des "Berliner Kreises", sprach sich gegen einen Kurswechsel seiner Partei aus. "Artikel 6 des Grundgesetzes verlangt, dass Ehe und Familie besonders geschützt und gefördert werden", sagte Wagner dem Hessischen Rundfunk. Das dürfe nicht zugunsten der Homo-Ehe nivelliert werden.

Der "Bild"-Zeitung sagte Wagner, es bleibe "unumstößliche Linie" der Union, Homo-Partnerschaften zu tolerieren. Es überrasche ihn aber schon sehr, dass zwei Monate nach dem Beschluss des CDU-Parteitags in Hannover zum Ehegattensplitting die Fraktionsspitze in Berlin offenbar einen "radikalen Schwenk" vollziehen wolle. Diesen werde er nicht mittragen. Ehe und Familie stünden unter besonderem Schutz des Grundgesetzes. Deshalb sei "vorauseilender Gehorsam vor dem Bundesverfassungsgericht auf der Basis von Vermutungen nicht der Politikstil der Union".

Auf dem Parteitag im Dezember hatten die Gegner einer Ausweitung des Ehegattensplittings auf die Homo-Ehe zwar die Mehrheit erhalten. Allerdings hatten die Befürworter einer solchen Ausweitung sowohl die Debatte als auch die Abstimmung als großen Erfolg verbucht.

CSU sieht "keinen Grund für Kehrtwende"

Auch die bayerische Schwesterpartei der CDU tritt auf die Bremse. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte, "es besteht kein Grund für einen Schnellschuss oder gar eine Kehrtwende bei der Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft".

Hasselfeldt erklärte, derzeit werde das Urteil des Bundesverfassungsgerichts analysiert. Daraus würden dann die nötigen Konsequenzen gezogen - "aber in aller Ruhe". Für die CSU hätten Ehe und Familie einen besonderen Rang. "Von zentraler Bedeutung ist für uns deshalb, dass Ehe und Familie auch weiterhin privilegiert werden."

Am Wochenende hatte sich angedeutet, dass führende Unionspolitiker beim Thema Homo-Ehe mit einem öffentlichen Umdenken begonnen haben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dem "Focus", es werde geprüft, welche Konsequenzen aus dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu ziehen sind.

Gesetz noch vor der Sommerpause

Unionsfraktionschef Volker Kauder beauftragte dem Bericht zufolge den Rechtsexperten Günter Krings damit, Modelle für eine steuerliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare zu entwickeln. Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" soll es noch vor der Sommerpause ein Gesetz zur Gleichberechtigung von Homo-Ehen geben.

In der vergangenen Woche hatte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe im Interview mit n-tv.de bereits angekündigt, dass die Union das Karlsruher Urteil zügig umsetzen will. "Kinder, egal ob leiblich oder adoptiert, brauchen nicht nur ein liebevolles Zuhause, sondern auch Rechtssicherheit", so Gröhe.

Gröhe machte deutlich, dass er sowohl dem Förderungsanspruch von Ehe und Familie als auch dem "Anspruch auf Diskriminierungsschutz von Homosexuellen" gerecht werden wolle. "Ich glaube die Art, wie wir als CDU dieses Thema diskutieren, hat dazu beigetragen, dass feindselige Töne gegen Homosexuelle heute gesamtgesellschaftlich als etwas Unanständiges empfunden werden. Gleichzeitig weiß ich, dass vielen Homosexuellen unsere Beschlusslage nicht reicht."

Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche die Rechte homosexueller Paare zur Adoption von Kindern ausgeweitet: Laut Urteil dürfen Schwule und Lesben, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, auch ein von ihrem Partner zuvor angenommenes Kind adoptieren. Ein weiteres Urteil zu eingetragenen Lebenspartnerschaften steht noch aus. Dabei geht es um die Klage zum Ehegattensplitting, das Eheleuten steuerliche Vorteile gewährt, Schwulen und Lesben in einer eingetragenen Partnerschaft aber nicht.

Grüne und Spahn für Freigabe der Abstimmung

Die SPD äußerte sich skeptisch zu dem sich abzeichnenden Umdenken bei der CDU. "Das Coming-Out von (Bundeskanzlerin Angela) Merkel bei der Homo-Ehe ist unglaubwürdig", twitterte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. "Sie hat zu oft nein gesagt."

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, forderte Schwarz-Gelb auf, die Abstimmung im Bundestag freizugeben. Aus eigener Kraft schaffe die Koalition die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe beim Steuer- und Adoptionsrecht nicht.

"Wir bieten ausdrücklich Zusammenarbeit an", sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck der "Passauer Neuen Presse". Angesichts absehbarer Gegenstimmen in der Union seien die Grünen bereit, einer entsprechenden Initiative im Bundestag zur Mehrheit zu verhelfen.

Ein solches Vorgehen fand auch Unterstützung in der CDU. Der CDU-Abgeordnete Jens Spahn sagte den Dortmunder "Ruhr-Nachrichten", dass "eine offene Abstimmung in einer hochpolitischen Frage nicht das Ende einer Koalition sein muss". Spahn verwies auf das britische Beispiel: Dort hatte die konservative Regierungspartei ihren Abgeordneten das Stimmverhalten bei dem Votum zur Homo-Ehe freigestellt. Spahn gehört zu einer Gruppe von Unionsabgeordneten, die für eine Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe eintreten.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP

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