Gesetzeslücke bei Ärzten Korruption soll verboten werden
03.04.2013, 15:53 Uhr
Manche niedergelassene Ärzte lassen sich von Pharmakonzernen bestechen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Manchen Hausärzten ist das eigene Portmonee wichtiger als das Wohl des Patienten. Sie lassen sich von Pharmakonzernen bestechen, deren Medikamente zu verschreiben. Verboten ist das bislang nicht. Das soll sich nun jedoch ändern.

Gesundheitsminister Daniel Bahr will Korruption bei Hausärzten verbieten.
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Patienten wollen sicher sein, dass ihr Hausarzt ihnen das richtige Medikament verschreibt. Doch nicht immer können sie darauf vertrauen, dass der Arzt nur in ihrem Sinne handelt. Denn korrupte Ärzte lassen sich von Pharmaunternehmen bestechen, deren Medikamente zu verschreiben – bislang ist das nicht strafbar.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr sagt der Korruption im Gesundheitswesen den Kampf an. Bestechung und Bestechlichkeit von Kassenärzten, Herstellern von Medizintechnik und bei anderen Gesundheitsberufsgruppen sollen künftig mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft geahndet werden. Wie der "Tagesspiegel" berichtet, will Bahr dafür das Sozialgesetzbuch noch vor der Bundestagswahl ändern. Der SPD geht Bahrs Vorschlag nicht weit genug, die Krankenkassen begrüßen ihn.
In Fahrt gekommen war die Debatte durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs im Sommer. Der hatte eine Übertragung der Regeln für angestellte Klinikärzte auf freiberufliche Praxismediziner abgelehnt. Korruption niedergelassener Ärzte ist demnach nach geltendem Recht nicht strafbar. Bislang können also nur angestellte Ärzte wegen Bestechlichkeit und Vorteilsnahme nach dem Strafgesetzbuch belangt werden. Die Richter hatten es dem Gesetzgeber aber ausdrücklich empfohlen, dies zu ändern. Es geht zum Beispiel um die Annahme von Zuwendungen für die Verordnung bestimmter Arzneien oder den Einsatz medizinischer Hilfsmittel.
SPD glaubt nicht an abschreckende Wirkung
Bahr hatte im Januar eine Gesetzesänderung angekündigt, damit Staatsanwälte gegen Ärzte ermitteln können. Ob die Neuregelung nun tatsächlich Gesetz wird, ist aber noch unklar. Denn die Regierung ist im Bundesrat auf SPD, Grüne und Linke angewiesen. Im Bundestag hatten alle drei Oppositionsparteien in eigenen Anträgen teils schärfere Regelungen verlangt.

Ihm gehen die Vorschläge Bahrs nicht weit genug: SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.
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CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn kündigte an, Strafregelungen mit Bahr vor der Wahl angehen zu wollen. "Es geht nicht um einen Generalverdacht, aber jeder einzelne Fall erschüttert das Vertrauen der Patienten." SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte: "Das ist ein Etikettenschwindel." Abschreckende Wirkung und mehr Verbraucherschutz brächten die Pläne nicht. "Die relativ wenigen Ärzte, die sich der Korruption schuldig machen, würden nur durch eine strafrechtliche Verfolgung abgeschreckt." Bei einer Änderung im Sozialgesetzbuch allein hingegen müsste einer Krankenkasse Schaden entstanden sein. "Von der Verfolgung durch die AOK aufgrund einer Regelung im Sozialgesetzbuch hat niemand Angst", sagte Lauterbach. Die Linke-Expertin Martina Bunge hingegen betonte, es sei hohe Zeit, "dass der Gesundheitsminister bei der Problematik Korruption umdenkt". Nun bleibe abzuwarten, ob das Gesetz kein Papiertiger wird.
Die Kassen lobten den Vorstoß. "Die Initiative von Daniel Bahr ist ein Segen für die Patienten und alle seriös arbeitenden Menschen im deutschen Gesundheitswesen", sagte der Vizechef des AOK-Bundesverbands, Uwe Deh. Schmiergeldzahlungen seien auch ein Gesundheitsrisiko für Patienten, wenn Behandlungen beeinflusst würden. Auch Gernot Kiefer, Vorstand des Kassen-Spitzenverbands, begrüßte die Pläne. Besorgniserregend sei aber, dass nur besonders schwere Verstöße geahndet werden sollten. "Ein bisschen korrupt gibt es ebenso wenig wie ein bisschen schwanger."
Tausende Verdachtsfälle in zwei Jahren
Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, zeigte sich im "Tagesspiegel" erleichtert, dass kein Gesetz alleine gegen die Ärzteschaft geplant sei. Wenn es um Korruption gehe, müssten auch andere Leistungserbringer und die Krankenkassen mit ins Boot geholt werden.
Die Kassen verfolgten 2010 und 2011 zusammen rund 53.000 Verdachtsfälle von Betrug und Fehlverhalten, meist Abrechnungsbetrug. Betroffen sind Ärzte, Apotheker, Sanitätshäuser, Therapeuten, Hebammen, Krankengymnasten, Pflegedienste oder Kliniken. Ermittlungen mehrerer Kassen zu einem Sachverhalt wurden als mehrere Fälle gezählt. In gut 2600 Fällen ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Betrug, Untreue, Vorteilsannahme, Bestechlichkeit oder Bestechung. Die Ärztekammern leiteten in den vergangenen Jahren knapp 1000 Verfahren gegen Mediziner ein. In den meisten Ländern gab es auch Fälle, in denen Ärzte die Approbationen entzogen wurde.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa/rts/AFP