Moskaus Angst vor den Agenten Kreml prüft deutsche Stiftungen
26.03.2013, 08:07 Uhr
Eisige Zeiten in Russland.
(Foto: AP)
Der Kreml geht rigoros gegen hunderte NGOs vor, auch deutsche Parteistiftungen geraten ins Visier russischer Ermittler. Das Auswärtige Amt befürchtet, dass die Untersuchungen die Beziehungen zu Russland beeinträchtigen könnten.
Die russischen Behörden haben im Zuge ihrer Untersuchungen bei zahlreichen Nichtregierungsorganisationen auch deutsche Stiftungen kontrolliert. Staatsanwälte erschienen in den Büros der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Moskau und der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in St. Petersburg, wie Vertreter der Stiftungen der "Süddeutschen Zeitung" sagten. Bei der FES ließen sich Beamte demnach mehrere Stunden lang Unterlagen zeigen. Die KAS habe einen Katalog mit mehr als 20 Fragen erhalten, etwa zum Personal und zu Veranstaltungen.
Vertreter beider Stiftungen wurden laut "SZ" gebeten, bei der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. "Wir können ungehindert weiterarbeiten", sagte KAS-Sprecher Matthias Barner der Zeitung. Der FES-Referatsleiter für Mittel- und Osteuropa, Reinhard Krumm, sagte: "Wir sehen das als Routineprüfung an. Es ist eine Prüfung ohne Anklage. Wir gehen davon aus, dass wir unsere Arbeit fortsetzen können". Aus dem Auswärtigen Amt hieß es der Zeitung zufolge dazu: "Eine Behinderung der Tätigkeit der deutschen Stiftungen könnte die bilateralen Beziehungen nachhaltig belasten."
Steinbrück wiegelt ab
Nach Ansicht von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kann Russland nicht nur an westlichen Demokratie-Maßstäben gemessen werden. Russland sei ein Partner, "dessen Interessen wir gut kennen und berücksichtigen sollten", sagte Steinbrück der "Zeit" "Dabei ist einzugestehen, dass unsere westlichen Maßstäbe pluraler Demokratie nicht unmittelbar auf Russland übertragbar sind."
Steinbrück rief weiter dazu auf, Demokratiedefizite und Menschenrechtsverletzungen in Russland "nicht auf dem Marktplatz" anzuprangern. "Zweifellos" sollten solche Mängel angesprochen werden, dies solle aber in bilateralen Gesprächen geschehen. "Sonst verspielt man Zugänge, um praktische Fortschritte zu bewirken."
NGOs werden schikaniert
Die russischen Behörden gehen seit Tagen gegen hunderte russische Nichtregierungsorganisationen vor. Am Montag erschienen Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Steuerbehörden unter anderem im Moskauer Büro der Menschenrechtsorganisation Amnesty International.
Im vergangenen Jahr war in Russland ein neues Gesetz in Kraft getreten, nach dem sich Organisationen mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland in ein Register "ausländischer Agenten" eintragen müssen. Der Begriff "ausländische Agenten" ist seit der stalinistischen Ära belastet. Damals wurden "ausländische Agenten" häufig erschossen oder in Arbeitslager geschickt. In der Zeit des Kalten Krieges wurden Oppositionelle als ausländische Agenten bezeichnet.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP