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Abstimmung unter Repressionen Kremlpartei gewinnt Scheinwahlen in besetzten Gebieten

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Die Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland wird international nicht anerkannt.

Die Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland wird international nicht anerkannt.

(Foto: REUTERS)

Menschenrechte werden missachtet, Bürgerrechte eingeschränkt: Russland lässt in den besetzten Gebieten in der Ukraine, mitten im Krieg, Scheinwahlen abhalten. Wenig überraschend gewinnt dabei die Partei des Kreml, Geeintes Russland.

Die Partei des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat nach offiziellen Angaben aus Moskau die Wahlen in den vier von Russland für annektiert erklärten Regionen der Ukraine klar gewonnen. In jeder dieser Regionen habe die Partei Geeintes Russland bei den Regional- und Kommunalwahlen mehr als 70 Prozent der Stimmen erhalten, teilte die russische Wahlkommission am Sonntagabend mit.

Die Vorsitzende der Wahlkommission, Ella Pamfilowa, erklärte, die dreitägigen Wahlen seien "auf dynamische Weise und mit wenigen Verstößen" verlaufen. Mit den Wahlen von Freitag bis Sonntag in den russisch kontrollierten Gebieten der Ukraine wollte Moskau seinen dortigen Herrschaftsanspruch unterstreichen.

Russland hatte die vier Regionen im Osten und Süden der Ukraine im September 2022 nach sogenannten Referenden für annektiert erklärt, hält aber nur Teile dieser Regionen besetzt. Die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten hatten die Wahlen in den russisch kontrollierten Teilen der ukrainischen Regionen Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja vorab als unrechtmäßig verurteilt. Unabhängige Wahlbeobachter gab es bei der Abstimmung nicht. Die Lage in den Regionen ist von massiven Menschenrechtsverletzungen und der Einschränkung von Bürgerrechten geprägt. Berichten zufolge wurden Bürger zum Abstimmen genötigt.

FDP-Politikerin fordert Sanktionen

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Renata Alt von der FDP, fordert EU-Sanktionen wegen der in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine abgehaltenen Wahlen. Gegen die Organisatoren und Kandidaten müssten Strafmaßnahmen verhängt werden, sagte Alt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Diese sogenannten Kommunalwahlen seien eine "Farce". Die Wahlen hätten vor allem das Ziel gehabt, "Russlands vermeintlichen Anspruch auf diese Territorien zu demonstrieren und die Kollaborateure in den lokalen Machtstrukturen zu Loyalitätsbekundungen zu zwingen", kritisiert die FDP-Politikerin.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Michael Roth von der SPD, sagte dem RND: "Die Wahlen in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten sind nichts anderes als Potemkinsche Dörfer." Sie hätten den Anschein geben sollen, "dass Russlands Landraub legitim ist" und alles nach dem Plan von Kreml-Chef Wladimir Putin verlaufe.

Nicht nur in den besetzten Gebieten der Ukraine, sondern auch in zahlreichen Regionen Russlands fanden dreitägige Kommunal- und Regionalwahlen statt. Bestimmt wurden Gouverneure, Regionalparlamente, Stadt- und Gemeinderäte sowie Bürgermeister. Die Urnengänge sind auch ein Test für die russische Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr, bei der Putin seine Herrschaft bis mindestens zum Jahr 2030 verlängern lassen will.

Der Chef von Geeintes Russland, Ex-Präsident Dmitri Medwedew, nannte das Ergebnis seiner Partei bei den Kommunal- und Regionalwahlen insgesamt positiv. "Schon jetzt lässt sich sagen, dass Geeintes Russland würdig aufgetreten ist", sagte der Vizechef des nationalen Sicherheitsrats der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Es sei gelungen, fast alle Positionen zu halten. Nun gehe es darum, die Wahlversprechen auch einzuhalten.

Regierungsgegner inhaftiert oder im Exil

Oppositionsparteien und -kandidaten, die ernsthafte Rivalen für Putin und seine Partei hätten sein können, standen allerdings nicht zur Wahl: Prominente Regierungsgegner sind mittlerweile entweder inhaftiert oder im Exil. In Moskau wurde nach Angaben der Wahlkommission Bürgermeister Sergej Sobjanin, ein Putin-Vertrauter, erwartungsgemäß im Amt bestätigt. Ein Vertreter der Kommission gratulierte dem seit 2010 amtierenden Sobjanin zu seinem "so überzeugenden Sieg". Der Bürgermeister hatte keinen auch nur ansatzweise aussichtsreichen Gegenkandidaten.

Die russische Hauptstadt hatte lange als Hochburg der Opposition gegolten. Bei den Wahlen 2013 war Sobjanin nur knapp einer Wahlniederlage gegen den bekanntesten russischen Oppositionellen, den mittlerweile zu einer langen Haftstrafe verurteilten Alexej Nawalny, entgangen.

Der Ukraine-Konflikt war zwar im Wahlkampf fast kein Thema. Insbesondere in den nahe der Grenze zur Ukraine gelegenen Regionen überschattete er aber die Wahlen. So teilte die Wahlkommissions-Vorsitzende Pamfilowa mit, dass die Wahl in der grenznahen Stadt Schebekino in der häufig von ukrainischen Angriffen getroffenen Region Belgorod aufgrund der "erhöhten Gefahrenlage" verschoben worden sei.

Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa

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