Politik

Streit um Verteidigungsausgaben Kritik am deutschen "Trittbrettfahrertum"

Bundeswehrsoldaten bei einer Übung im niedersächsischen Munster.

Bundeswehrsoldaten bei einer Übung im niedersächsischen Munster.

(Foto: dpa)

Vor dem Nato-Gipfel wird um die deutschen Verteidigungsausgaben gestritten. Kritiker einer Erhöhung verweisen darauf, dass Effizienz wichtiger sei als das Ausmaß. Der Bundeswehrverband kritisiert dagegen scharf das deutsche "Trittbrettfahrertum".

Der Bundeswehrverband hat sich kurz vor dem Nato-Gipfel angesichts der Haushaltsplanung für die Bundeswehr in den nächsten Jahren empört gezeigt. "Bleibt es bei diesem Finanzplan, kann man nur noch den Kopf schütteln", sagte Verbandschef André Wüstner der Deutschen Presse-Agentur.

"Wie sich das international auswirken wird, bleibt abzuwarten. Ich bin mir allerdings sicher, dass eine auf Trittbrettfahrertum angelegte Sicherheitspolitik nicht mehr länger akzeptiert wird." Jahrzehntelang sei Deutschland Nutznießer der Nato gewesen, sagte Wüstner. Künftig werde man auf die Wirksamkeit des Bündnisses mehr denn je angewiesen sein.

"Viele Politiker haben leider noch nicht verstanden, dass die Nato ein wesentlicher Garant unserer Sicherheit bleiben muss - und dass unser Beitrag zu einer fairen Lastenteilung eben nur durch eine wieder voll einsatzbereite Bundeswehr realisierbar ist." Die deutschen Verteidigungsausgaben würden nach 2019 stagnieren, kritisierte er. "Das beschädigt Deutschlands Glaubwürdigkeit, das Verteidigungsbündnis als Ganzes und letztlich unser aller Sicherheit."

"Auf Effizienz schauen, nicht nur auf das Ausmaß"

Dagegen stellte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben der Bündnispartner infrage. "Wichtig ist doch auch, wofür das Geld ausgegeben wird", sagte Sipri-Direktor Dan Smith der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Kritiker, die höhere Ausgaben fordern, sollten vielleicht mal auf die Effizienz schauen und nicht nur auf das Ausmaß", so Smith. Bereits heute lägen die Militärausgaben der europäischen Nato-Mitglieder deutlich über denen von Russland. Steigende Militärausgaben könnten eine Rüstungsspirale auslösen, die den Frieden gefährden würde.

Smith sagte weiter: "Wir müssen hoffen, dass Russland, dessen Militärausgaben gerade leicht sinken, nicht genauso antwortet." Er warnte auch vor der weiteren Ausdehnung der Nato gen Osten: "Russland wird die Ost-Erweiterung als eine Herausforderung und eine Drohung werten."

Auch Johannes Kahrs, Chefhaushälter der SPD-Bundestagsfraktion, weist die von dem Bündnis angestrebten Quoten als unsinnig zurück. Viel wichtiger sei es, die Bundeswehr in einen einsatzbereiten Zustand zu versetzen. "Um das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, müssten wir 82 bis 86 Milliarden Euro jährlich für die Truppe ausgeben." Derzeit sind es gut 40 Milliarden Euro. "Eine Verdopplung des Etats bei nicht vorhandenen Strukturen, um das Geld sinnvoll auszugeben: Was soll diese Debatte?", sagte Kahrs der "Passauer Neuen Presse".

Die Staats- und Regierungschefs der Nato hatten 2014 vereinbart, dass sich alle Mitgliedstaaten bei ihren Verteidigungsausgaben bis 2024 einem Wert von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts annähern sollen. Deutschland liegt derzeit deutlich darunter.

US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt im Streit um die deutschen Wehrausgaben mit harscher Kritik nachgelegt. "Die USA geben weit mehr aus für die Nato als jedes andere Land", kritisierte er am Montag. "Das ist nicht fair, das ist nicht akzeptabel." Die anderen Länder hätten ihre Beiträge zwar erhöht, seit er ins Amt gekommen sei, müssten aber mehr tun. "Deutschland liegt bei einem Prozent, die USA bei vier Prozent, dabei profitiert Europa von der Nato weitaus mehr als die USA."

Quelle: ntv.de, mli/dpa/rts

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