Korruptionsvorwurf gegen Sanader Kroatiens Ex-Premier verhaftet
10.12.2010, 18:55 UhrDer frühere kroatische Regierungschef Sanader flieht wegen Korruptionsermittlungen gegen ihn außer Landes, wird aber nun in Österreich festgenommen. Das Land strebt einen EU-Beitritt im Jahr 2012 an, muss aber als Auflage den Kampf gegen die Korruption verstärken.
Der wegen Korruption mit einem internationalen Haftbefehl gesuchte ehemalige kroatische Regierungschef Ivo Sanader ist in Österreich festgenommen worden. Er sei in der Nähe von Salzburg festgesetzt worden, sagte der Sprecher des Innenministeriums in Wien, Michael Girardi. Der 57-Jährige sei ins Landgericht der Stadt Salzburg gebracht worden. Das kroatische Innenministerium bestätigte die Angaben. Sobald eine schriftliche Bestätigung der Festnahme eingegangen sei, werde das Justizministerium des Landes eine Auslieferung beantragen.
Sanader, der 2009 nach sechs Jahren an der Spitze der Regierung ohne Angaben von Gründen zurückgetreten war, soll für mehrere groß angelegte Korruptionsfälle verantwortlich sein. Er bestreitet die Vorwürfe und spricht von einer politischen Kampagne gegen ihn. Das Parlament in Zagreb hatte am Vortag die Immunität des Abgeordneten Sanader aufgehoben. Ein Gericht hatte gegen den früheren Spitzenpolitiker eine 30-tägige Untersuchungshaft angeordnet. Wenige Stunden zuvor war Sanader nach Slowenien und dann später nach Österreich ausgereist.
Kampf gegen Korruption verschärft
In Österreich erwartet Sanader jetzt ein Auslieferungsverfahren. Das könnte erschwert werden durch eine mögliche österreichische Staatsbürgerschaft. Die kroatischen Medien spekulierten, Sanader besitze einen österreichischen Pass, den er während seines Studiums in Innsbruck Ende der 80er Jahre erhalten habe. Der ehemals starke Mann der kroatischen Politik hat enge Verbindungen zu zahlreichen österreichischen Spitzenpolitikern.
Die U-Haft gegen Sanader war von den Medien in Kroatien einhellig begrüßt worden. "Sanader stand allem Anschein nach an der Spitze einer verbrecherischen Organisation", schrieb die Zeitung "Jutarnji list" in Zagreb. "Der große Europäer ist in Wirklichkeit nur ein rücksichtsloser Barbar", kommentierte "Vecernji list". "Ein Feigling stand an der Spitze unserer Regierung", titelte "24sata" mit Blick auf die Flucht des Politikers.
Die Regierung in Zagreb hatte ihren Kampf gegen Korruption zuletzt verstärkt. Das Land strebt einen EU-Beitritt im Jahr 2012 an. Die Erfolge der Behörden gegen Korruption werden von der Europäischen Union daher genau verfolgt.
Quelle: ntv.de, dpa