Politik

"Sicherheitszirkus der NATO" Kundgebung in Straßburg

Mit Trommeln, lauter Musik und Clownskostümen haben sich in Straßburg NATO-Gegner zu ihrer ersten Kundgebung in der Stadt versammelt. Etwa 200 Demonstranten aus ganz Europa zogen als "Solidarische Parade gegen den Sicherheitszirkus" durch das Universitätsviertel der Elsass-Metropole. 40 Polizisten in Zivil beobachteten sie. Die Aktivisten mit Masken und Perücken verteilten Flugblätter an die Passanten und inszenierten mit Plastikgewehren, Staubwedeln und Gewehrkugeln aus Pappe Kriegsszenen mit Toten und Verletzten. Die meisten der Demonstranten kamen aus Frankreich, mit dabei waren aber auch Holländer, Deutsche, Italiener und Spanier.

Zuvor hatten sich an der Europabrücke zwischen Straßburg und Kehl rund hundert andere Gipfel-Gegner versammelt. Sie protestierten gegen das Einfuhrverbot für eine mobile Küche, die für das "Protest-Camp" im Süden Straßburgs gedacht ist. Die französische Grenzpolizei verweigerte dem Bus, der die Küche transportiert, seit Dienstag die Fahrt nach Straßburg. Zur Begründung hieß es, die Fahrerin des Busses sei in einer Datei als Mitglied des "Schwarzen Blocks" aufgelistet. Auch Küchenmesser seien beschlagnahmt worden. Das "Protest-Lager" ist für rund 7000 Gipfelgegner konzipiert. Bisher sind erst einige hundert eingetroffen. Die zentrale Abschlussdemonstration ist für Samstagnachmittag vorgesehen.

Erste Zusammenstöße

In der Nacht hatte es die ersten Zusammenstöße zwischen Gipfelgegnern und Polizisten gegeben. Nach Angaben der Polizei im Elsass kam es zu den Auseinandersetzungen, als rund 150 NATO-Gegner in der Nähe ihres Protestcamps im Süden der Stadt gegen Polizeikontrollen protestierten. Sie hätten dabei Steine auf Hubschrauber und Fahrzeuge der Einsatzkräfte geworfen, sagte ein Polizeisprecher. An die hundert von ihnen seien "vermummt und aggressiv" gewesen. Verletzte habe es nicht gegeben. Nach Angaben der Organisatoren des Lagers setzte die Polizei Tränengas und "Schockgranaten" ein.

Die im Protestlager versammelten NATO-Gegner werfen den französischen Behörden zahlreiche Einschüchterungsversuche vor. Nach ihren Angaben wurde das Lager mehrfach nachts von Hubschraubern mit starken Scheinwerfern überflogen. Entgegen den Zusagen der Präfektur seien auch Polizisten mit ihren Autos in das Camp gefahren.

Nach Auskunft von Sprechern der Bundespolizei in Weil am Rhein und Offenburg wurden an den deutschen Grenzen bisher keine mutmaßlich gewaltbereiten NATO-Gegner abgewiesen. Die Kontrollen würden von nun an deutlich verstärkt, sagte ein Sprecher.

Gegen den Gipfel, der am Freitag und Samstag in Baden-Baden, Kehl und Straßburg stattfindet, haben rund 600 Gruppen aus 33 Ländern zu Demonstrationen und anderen Protestaktionen an allen drei Tagungsorten aufgerufen. Die Polizei rechnet mit bis zu 20.000 Demonstranten. Auf deutscher Seite sind rund 15.000 Polizisten mobilisiert, die aufgrund von Amtshilfeersuchen von 600 Bundeswehrangehörigen unterstützt werden. Auf französischer Seite sind mindestens 10.000 Polizisten und Gendarme im Einsatz.

Zu dem Gipfel werden Staats- und Regierungschefs aus 28 Ländern erwartet, unter ihnen US-Präsident Barack Obama. Gastgeber sind Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Staatschef Nicolas Sarkozy.

Obama spricht mit Jugendlichen

US-Präsident Obama wird am Freitag in Straßburg bis zu 4000 ausgewählte deutsche und französische Jugendliche treffen. Diese Begegnung mit Schülern und Studenten beider Rheinseiten sei von den Amerikanern gewünscht worden, hieß es in Straßburg nach Angaben der Präfektur.

Der Präsident werde etwa zehn Minuten reden, anschließend wolle er etwa 45 Minuten lang auf Fragen der Zuhörer antworten. Geplant ist das Treffen in einer Messehalle nach der Zusammenkunft mit dem französischen Präsidenten Sarkozy im Rohan-Schloss, wo auch ein gemeinsames Mittagessen geplant ist. Anschließend werden Obama und seine Frau Michelle nach Baden-Baden fahren, wo der Gipfel am Abend mit einem Gala-Diner eröffnet wird. Die eigentlichen Beratungen, an denen 28 Staats- und Regierungschefs teilnehmen wollen, sind am Samstag in Straßburg geplant. Obama fährt anschließend zu einem EU-USA-Gipfel nach Prag weiter.

Kroatien und Albanien neue Mitglieder

Einen Tag vor Beginn des NATO-Jubiläumsgipfels wurden Kroatien und Albanien offiziell als neue Mitglieder der Allianz aufgenommen. Das gab das US-Außenministerium in einer Erklärung bekannt. Damit hat die NATO jetzt 28 Mitglieder.

NATO-Sprecher James Appathurai begrüßte den Beitritt. "Das sind sehr willkommene Neuigkeiten", sagte Appathurai in Brüssel. "Albanien und Kroatien haben sehr hart daran gearbeitet, die demokratischen und militärischen Standards der NATO zu erfüllen." Beide Staaten hätten "vor nicht allzu langer Zeit eine schwierige Phase in der Geschichte des Balkans" hinter sich gelassen und würden jetzt ihren Beitrag zur regionalen und internationalen Sicherheit leisten. "Sie werden jetzt von der kollektiven Sicherheit, die die Allianz bietet, profitieren, aber auch die entsprechende Verantwortung tragen müssen."

Quelle: ntv.de

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