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Wer steht für den Fiskalpakt gerade? Länder finden Vorgaben zu hart

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Bundesregierung hat sich gegenüber anderen EU-Staaten verpflichtet, ab 2020 keine neuen Schulden mehr aufzunehmen. Für die Umsetzung müssen nun sowohl die Opposition, wie auch die Bundesländer ins Boot geholt werden. Die Regierung sieht Fortschritte, die Länder betonen, dass noch viel zu klären ist.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

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In den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über eine Umsetzung des Fiskalpaktes für mehr Haushaltsdisziplin zeichnet sich keine rasche Einigung ab. Während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und unionsgeführte Länder Fortschritte sehen und eine Verständigung vor der Sommerpause erwarten, bleibt die SPD-Seite skeptisch. Sie fordert Zusagen etwa in der Frage möglicher Strafzahlungen, sollte der vorgegebene Schuldenabbau verfehlt werden.

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans.

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans.

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Bis 2020 sollen alle Haushalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen ohne Neuverschuldung auskommen. So steht es im Fiskalpakt, den 25 der 27 EU-Staaten miteinander geschlossen haben. Damit er wirksam wird, muss er zumindest in allen 17 Euro-Staaten in Kraft treten. In Irland wird es dazu am 31. Mai eine Volksabstimmung geben. Allerdings wirbt keine größere politische Partei in Irland für eine Ablehnung des Paktes.

Der Fiskalpakt

Mit dem am 2. März in Brüsselunterschriebenen Vertrag verpflichten sich die Unterzeichnerländer, striktere Haushaltsdisziplinzu befolgen als bisher vereinbart. So darf das strukturelle Defizit fortan die Grenzevon 0,5 Prozent des BIP nicht überschreiten - anstatt wie nach EU-Recht bislang1,0 Prozent.

Die Unterzeichner sollennach dem Vorbild Deutschlands eine verpflichtende Schuldenbremse im nationalen Rechtverankern.

Im Fall eines Verstoßesgegen die Regeln werden automatisch Strafverfahren ausgelöst, die nur durch ausdrücklichesMehrheitsvotum der Unterzeichnerstaaten gestoppt werden können. Verankert ein Landdie Schuldenbremse nicht im nationalen Recht, droht eine Klage vor dem EuropäischenGerichtshof und die Zahlung einer Geldbuße von bis zu 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Nur wer den Fiskalpakt einhält,soll Hilfszahlungen aus dem ESM bekommen können. Kern der Unterzeichner-Länder sinddie 17 Euro-Staaten, hinzu kommen acht Nicht-Euro-Länder. Großbritannien und Tschechienbeteiligen sich bislang nicht.

In Deutschland gehen die Einschätzungen über die Verhandlungen des Stabilitätsrates von Bund und Ländern auseinander. Die entsprechende Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene sei "gut vorangekommen", sagte Schäuble. "Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern (...) funktioniert gut", betonte er. Eine getrennte Abstimmung über Fiskalpakt und dauerhaften Rettungschirm ESM in Bundestag und Bundesrat lehnte Schäuble erneut strikt ab. Deutschland habe eine gesamteuropäische Verantwortung. Schäuble zeigte sich zuversichtlich, dass die Opposition zustimmt. Der Vertrag sei richtig und notwendig.

"Noch zahlreiche Unwägbarkeiten."

Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) ist optimistisch. Er rechnet mit einer Bund-Länder-Einigung zur Ratifizierung des Fiskalpaktes noch bis zum 1. Juli. Dies sei "sehr, sehr gut möglich". Die Vorbereitungen seien sehr weit gediehen. Es gebe nur noch wenige offene Fragen. Schäfer warnte vor einer Überfrachtung der Verhandlungen.

Der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans (SPD), bleibt zurückhaltender. Er habe eine gewisse Skepsis, dass die offenen Fragen in kurzer Zeit geklärt werden könnten. Es handele sich um eine höchst ambitionierte Regel, und es gebe noch zahlreiche Unwägbarkeiten. Es dürfe keine weiteren, unzumutbaren Verschärfungen über die nationale Schuldenbremse hinaus geben.

Nötig sei etwa eine Zusage, dass Länder nicht zusätzlich zu Sanktionen gezwungen werden können. "Damit stellt sich die Frage: Wenn das passiert, wer zahlt?", sagte Walter-Borjans. Auch müsse die Frage beantwortet werden, wie nach 2020 mit Kommunal-Defiziten umgegangen werde. Es sei aber nicht der Wunsch, den Fiskalpakt zu verzögern: "Ich möchte, dass wir uns einigen."

Nach den Bundesländern wird nun mit der Opposition im Bundestag verhandelt

Die Länder warnen, der Pakt greife weitreichend in die deutsche Finanzverfassung ein. Mit dem europäischen Fiskalpakt kommen auf die Länder schärfere Haushaltsvorgaben zu. Bund und Länder sollen verpflichtet werden, für die Haushaltsjahre ab 2014 Obergrenzen für die Kreditaufnahme sowie konkrete Pläne für den Abbau ihres "Strukturdefizits" in gleichmäßigen Jahres-Schritten vorzulegen.

Für Länder, die schon 2012 ausgeglichene Haushalte ohne neue Kredite vorlegen, soll beim Strukturdefizit ab 2014 eine Obergrenze von Null gelten. Damit schrumpft insgesamt der Spielraum der Länder für neue Schulden. Die Kassenlage der Kommunen muss beim jeweiligen Abbaupfad der Länder nicht berücksichtigt werden. Allerdings müssen die Bundesländer nach wie vor für die Kommunen haften.

Am Nachmittag verhandelte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Partei- und Fraktionsspitzen von Koalition und Opposition über die Umsetzung des EU-Fiskalpakts in deutsches Recht. Union und FDP wollen den Fiskalpakt zusammen mit dem Vertrag über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM noch vor der Sommerpause umsetzen. Schwarz-Gelb benötigt in Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit und ist auf Stimmen von SPD und Grünen angewiesen. Der bisherige Zeitplan der Koalition ist aus Sicht der Opposition nicht mehr zu halten.

Quelle: ntv.de, dpa

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