Politik

"Gnade" in Tripolis Lebenslange Haft

Die Obersten Richter in Libyen haben die Todesurteile gegen fünf bulgarische Krankenschwestern und einen Arzt in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Dies teilte der Oberste Justizrat in Tripolis mit, der in dem Fall das letzte Wort hat.

Damit kam es nicht zur erhofften Begnadigung. Die Frauen und der palästinensische Arzt, der inzwischen die bulgarische Staatsbürgerschaft hat, werden seit Februar 1999 in dem arabischen Land festgehalten. Libysche Regierungsvertreter hatten betont, eine Aufhebung der Urteile komme nur bei einer finanziellen Einigung zwischen der Europäischen Union und den Angehörigen der Kinder in Frage.

Bemühung um Heimkehr

Die Regierung in Sofia will sich nun um die Überstellung der Verurteilten nach Bulgarien bemühen. Die notwendigen Schritte dazu würden schon am Mittwoch eingeleitet werden, kündigte der bulgarische Generalstaatsanwalt Kamen Mihov an. Ähnlich äußerte sich auch Bulgariens Außenminister Iwajlo Kalfin. Für Bulgarien werde der Fall aber erst dann abgeschlossen sein, wenn "unsere Mitbürger in die Heimat zurückkehren", sagte Kalfin in Sofia. Durch die Entscheidung des obersten Richterrates in Libyen sei "das Schlimmste" verhindert worden, sagte er weiter.

Der bulgarische Anwalt der Angeklagten, Hari Haralampiew, äußerte sich enttäuscht über den Richterspruch. "Diese Entscheidung stellt mich nicht zufrieden", sagte er im bulgarischen Staatsrundfunk in einer ersten Reaktion aus Tripolis. Trotz eines Rechtsabkommens zwischen Bulgarien und Libyen aus dem Jahr 1984 bedeute die Richterentscheidung nicht, dass die sechs Verurteilten "automatisch nach Bulgarien zurückkehren" werden, sagte der Anwalt weiter. Auch der Ehemann einer der Krankenschwestern, Sdrawko Georgiew, hatte keine Information darüber, wie lange die Prozedur zur Rückführung dauern könnte. Ihm sei nach der Entscheidung des Richterrates "bange".

Unschuldig

Den Krankenschwestern und dem Arzt wurde vorgeworfen, in einer Klinik in der Hafenstadt Bengasi mehr als 400 Kinder vorsätzlich mit dem HI-Virus infiziert zu haben. Unabhängige Experten hatten dies widerlegt und die Infektionen auf mangelnde Hygiene in dem Krankenhaus zurückgeführt. Wissenschaftler hatten mehrfach belegt, dass die Aids-Epidemie in Libyen bereits vor Ankunft der ausländischen Beschäftigten ausgebrochen war. Die Todesurteile waren bereits 2004 verhängt worden. Sie wurden Ende 2006 und am vergangenen Mittwoch bestätigt. Der Fall löste international Proteste aus.

Dem obersten Richterspruch war eine außergerichtliche Einigung mit den Familien der erkrankten Kinder über eine finanzielle Abfindung vorausgegangen. Die betroffenen Familien erhielten finanzielle Entschädigung in Höhe von einer Million US-Dollar (728.000 Euro) für jedes an Aids erkrankte Kind. Daraufhin verzichteten sie auf eine Hinrichtung der Verurteilten.

Insgesamt wurden in 458 Fällen Entschädigungszahlungen geleistet - an Eltern von erkrankten und 56 gestorbenen Kindern sowie 20 infizierte Mütter. Sie sollen sich beim Stillen angesteckt haben. Das Geld stammt aus dem Fonds Benghasi International, der aus Mitteln der EU, der USA, Bulgariens und Libyens finanziert wird. Die Familien hatten pro Kind ursprünglich zehn Millionen Euro Entschädigung gefordert. Das hatte die EU unter anderem mit dem Hinweis abgelehnt, dies würde einem Schuldeingeständnis gleichkommen.

Quelle: ntv.de

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