Feldzug in eigener Sache Libyen rettet Sarkozy nicht
24.03.2011, 14:42 Uhr
Sarkozy (l) begrüßt Gaddafi (Archivbild vom 10.12.2007): Damals war Gaddafi noch ein Geschäftspartner, für den in Paris der rote Teppich ausgerollt wurde.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nicolas Sarkozy will bei den anstehenden Départementswahlen in Frankreich mit seinem Feldzug gegen das Gaddafi-Regime punkten. Einige Zustimmung wird es ihm wohl bringen. Aber die Wahl wird auf anderen Politikfeldern entschieden. Und da ist der französische Präsident alles andere als überzeugend.
Außenpolitisch mag sich der französische Präsident Nicolas Sarkozy zum Feldherrn in Libyen aufschwingen, doch innenpolitisch sieht es düster für ihn aus: Er ist einer der unpopulärsten Präsidenten der "Grande Nation" aller Zeiten und ein Jahr vor der Präsidentenwahl liegt er in Umfragen mit weniger als 30 Prozent Zustimmung sogar hinter der Chefin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, und sozialistischen Politikern. Seine Hoffnungen, mit der Präsidentschaft der G8 und der G20 national punkten zu können, haben sich bislang nicht erfüllt. Und auch das Engagement in Libyen wird nach Einschätzung von Experten wohl nicht ausreichen, um die Gunst der Wähler zurückzuerobern.
Sarkozy gehe es mit seinem Vorpreschen in Libyen vermutlich weniger um eine konkrete Politik als um die Positionierung als Führer der freien Welt, sagt der Frankreich-Experte Stefan Seidendorf von der Universität Stuttgart. Nachdem er den arabischen Frühling zunächst verschlafen habe, habe er später auf eine Überrumpelungstaktik gesetzt. "Das ist ja auch aufgegangen, er hat es binnen einer Woche geschafft, die Situation politisch vollkommen zu drehen", sagt der Experte. Sarkozy habe sich überraschend im UN-Sicherheitsrat durchgesetzt und ebenso überraschend als erster seine Kampfjets in Richtung Libyen geschickt. Am Ende habe weltpolitisch entgegen allen Erwartungen eher Deutschland abseits gestanden als Frankreich.
Punkte, aber keine Rettung
In Frankreich werde Sarkozy diese Inszenierung wohl einige Stimmen bringen, aber nicht genug. "Es wird ihm vielleicht ein paar Prozentpunkte bringen, aber retten wird es ihn nicht", sagt Seidendorf. "Die Wahl wird auf anderen Politikfeldern entschieden". Der Wahlkampf werde sich voraussichtlich vor allem um wirtschaftliche und sicherheitspolitische Themen drehen. Während Sarkozy 2007 jedoch die Wähler mit seiner harten Linie in der inneren Sicherheit überzeugt habe, werde ihm dies ein zweites Mal wohl nicht gelingen. Genau diese Wähler seien inzwischen zum Front National abgewandert, der sich weniger extrem als früher positioniert habe.
Das Vorpreschen in Libyen könnte Sarkozy am Ende sogar in der Wählergunst zurückwerfen, falls aus der heroischen Hilfe für die libysche Zivilbevölkerung ein langer, zäher Konflikt werden sollte. "Es ist ein Lotteriespiel, auf das er sich eingelassen hat und ich glaube, dass er es vor allem aus innenpolitischen Gründen getan hat", sagt Jacques Reland vom Global Policy Institute. Sarkozy sei kein Mann, der eine solche Gelegenheit ungenutzt verstreichen lasse, "aber dies könnte ihn tief in den Sumpf ziehen. Es ist sehr riskant und könnte für ihn zu einer Entscheidung über Alles oder Nichts werden."
Massive Kritik
Schon eine frühere Begegnung mit Libyens Staatschef Muammar Gaddafi bescherte Sarkozy massive Kritik: Das war 2007, als er dem libyschen Machthaber in Paris zum Erstaunen der Welt den Roten Teppich ausrollen ließ und ihm erlaubte, sein Beduinen-Zelt in der Nähe des Elysee-Palasts aufzubauen. Es war der erste Staatsbesuch Gaddafis seit Jahrzehnten bei einem Staatschef des Westens und fand nach der Freilassung von fünf bulgarische Krankenschwestern aus libyscher Haft statt, für die sich Sarkozy stark gemacht hatte.
Quelle: ntv.de, rts