Keine Antwort auf die Krise Linke erledigt Europa
16.06.2013, 00:49 Uhr
Kipping, Riexinger und Gysi sind gut gelaunt. Der Streit um den Euro findet auf dem Parteitag nicht statt.
(Foto: dpa)
Die Linkspartei arbeitet ihre Positionen für die Bundestagswahl aus, bleibt aber im entscheidenden Feld schwammig: Sie weigert sich, auf die Fragen der Eurokrise klare Antworten zu geben. Der Parteichef ist erleichtert.
War’s das schon? Hat die Euro-Debatte der Linken nun wirklich nur eine Stunde gedauert? Da gibt es grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen über das Mega-Thema Währungsunion und die Partei verhandelt das Thema irgendwo zwischen den Klassikern Bildung und Friedenspolitik. Es fehlt die große Rede, der Streit wird nicht ausgetragen. Ein neuer Entwurf, ein Bekenntnis für oder wider die Euro-Zone in ihrer jetzigen Form fehlt.
Dabei hatte sich im Vorfeld des Parteitags durchaus eine Kontroverse angedeutet. Im Mittelpunkt standen Vorstandsmitglied Sahra Wagenknecht und ihr Lebensgefährte, die Parteigröße Oskar Lafontaine. Sie wollten mehr darüber sprechen, wie Euro-Austritte sozialverträglich organisiert werden können - also auf eine ganz reale Gefahr reagieren. In diesem Geiste fand sich eine starke Gruppe zusammen, die ihre Partei in der Frage neu aufstellen wollte: Wenn Staaten aus dem Euro austreten, sollen sie Wirtschaftshilfen aus den verbleibenden Staaten erhalten, so der Antrag.
Wagenknecht schweigt
Das wäre noch kein Abgesang auf den Euro, doch allein die Beschäftigung mit dem Thema hätte der Linken als Euro-Feindlichkeit ausgelegt werden können, befürchtete der Vorstand. Und so schritt Parteichef Bernd Riexinger ein: Die Frage von Euro-Austritten stelle sich doch noch gar nicht. Am Rande berichtete er später von dem "Entsetzen", das die Debatte bei der griechischen Linkspartei Syriza ausgelöst habe. Der Antrag, der von der "Solidarischen Linken", einem Ortsverband, einem Landesverband und einer Bundestagsabgeordneten gestellt wurde, erhielt keine Mehrheit. "Abgelehnt?", wunderte sich eine Helferin, die die Debatte nicht mit verfolgen konnte. "Ach ja?" Weder Wagenknecht noch Lafontaine ergreifen das Wort.
Die Position der Linkspartei zum Euro sieht nun ganz offiziell so aus: Sie will die Eurokrise bekämpfen, indem sie die Sparpolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel beendet. Außerdem sollen die Euro-Staaten sich in den Bereichen Steuern, Sozialleistungen und Löhne keinen Wettstreit mehr liefern dürfen. "Damit haben wir Europa erledigt", sagt der Sitzungsleiter und muss dann selber über die flapsige Formulierung schmunzeln. Doch tatsächlich hat es sich die Linke sehr leicht gemacht: In der Frage, ob sie nun die Währungsunion zusammenschweißen oder eher aufdröseln möchte, legt sie sich schlicht nicht fest.
Zum Schluss ringt sich der Parteitag zu einem Bekenntnis zum Euro durch und schreibt dies auch im Programm fest. Die Delegierten stützen damit den Kurs des Parteivorstandes.
Partei ignoriert eigene Studie
Eine wichtige Rolle hat dabei sicher die Harmoniebedürftigkeit der Partei gespielt. Nachdem sie sich im vergangenen Jahr heftige Flügelkämpfe geliefert hatte, ist im Wahlkampf nun Einigkeit gefragt. Nicht eine große Kontroverse hat der Parteitag an seinen ersten beiden Tagen verhandelt.
Der Versuch, eine fundierte linke Euro-Politik zu machen, ist damit gescheitert: Noch vor gut vier Wochen hatte die parteinahe Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Studie vorgestellt, die genau diese Politik entwarf. Die Aussage war ganz grob die, die auch Wagenknecht und Lafontaine vertreten: Wenn die Sparpolitik nicht beendet wird, müssen halt kontrollierte Austritte organisiert werden. Die Linken in Griechenland waren vor den Kopf geschlagen, sagte Riexinger zu n-tv.de.
Insofern ist die Partei knapp an einem Beschluss vorbeigesegelt, der die Solidarität mit den Genossen im Süden aufgekündigt hätte. Beim Wähler wird aber etwas anderes ankommen: dass nämlich auch die Linke keine präzise Antwort auf die Euro-Krise gefunden hat.
Quelle: ntv.de