Vereinbarung mit Separatisten Malaysia erhält Flugschreiber von MH17
21.07.2014, 21:21 Uhr
Noch immer liegen riesige Wrackteile an der Absturzstelle.
(Foto: REUTERS)
Nach internationalen Protesten über das Chaos an der Absturzstelle des Flugzeugs von Malaysia Airlines kommt Bewegung in die Aufarbeitung des Unglücks. So erhält Malaysia von den Separatisten die Flugschreiber. Zudem werden die sterblichen Überreste abtransportiert. Moskau veröffentlicht derweil erste Satellitenbilder.
Die Flugschreiber der in der Ostukraine abgestürzten Maschine von Malaysia Airlines sollen den malaysischen Behörden übergeben werden. Das kündigte der Ministerpräsident des Landes, Najib Razak, an. Er habe eine entsprechende Übereinkunft mit dem ostukrainischen Separatistenführer Alexander Borodaj erreicht, sagte Najib im malaysischen Fernsehen.
"Um etwa 21 Uhr ukrainischer Zeit werden die zwei Blackboxes in Donezk einem malaysischen Team übergeben", sagte er. Zudem habe Borodaj die Zusicherung gegeben, dass internationalen Ermittlern ein "sicherer Zugang" zur Absturzstelle des malaysischen Flugzeugs garantiert werde. Eine Delegation von zwölf Experten aus Malaysia hatte nach Angaben der russischen Agentur Interfax den Tag über in Donezk mit den Separatisten verhandelt.
Satellitenbilder veröffentlicht
Russland veröffentlichte derweil als erstes Land Satellitenaufnahmen und Zeichnungen vom Absturztag. Das Verteidigungsministerium stellte Fotos sowie gezeichnete Karten ins Internet, um auch den Hergang des Todesfluges zu veranschaulichen. Auf den Satellitenbildern war nach Angaben des Generalstabs auch die Stationierung von ukrainischen Flugabwehrsystemen des Typs "Buk" (Buche) im Separatistengebiet zu sehen. Moskau verlangte von Kiew eine Erklärung dafür, weshalb dort solche Waffen aufgestellt würden, obwohl die Aufständischen keine Flugzeuge hätten.
Moskau teilte zudem mit, dass sich zum Zeitpunkt des Absturzes ein ukrainischer Abfangjäger vom Typ Suchoi-25 der Unglücksmaschine auf drei bis fünf Kilometer genähert habe. So ein Kampfjet sei mit Luft-Luft-Raketen bewaffnet, der auf diese Entfernung ein Ziel hundertprozentig zerstören könne, hieß es. Die Ukraine wies diese Darstellung zurück.
Zuvor hatte die Ukraine behauptet, umfassende Beweise - darunter Satellitenaufnahmen - dafür zu haben, dass die prorussischen Kräfte mit einem "Buk"-System auf die Boeing 777-200 geschossen hätten. Die USA hatten mitgeteilt, sie gingen auf Grundlage von Geheimdienstinformationen davon aus, dass die Maschine von einer Rakete vom Separatistengebiet aus beschossen worden sei. Russland verlangte die Offenlegung dieser Beweise.
Chaos an der Absturzstelle
Das Passagierflugzeug von Malaysia Airlines war am Donnerstag mit 298 Menschen an Bord im umkämpften Osten der Ukraine abgestürzt. Vieles deutet auf einen Abschuss durch eine Rakete hin. Die Staatsführung in Kiew und die bewaffneten Regierungsgegner bezichtigen sich gegenseitig, die Boeing 777 abgeschossen zu haben. Unabhängige Untersuchungserkenntnisse gibt es bislang nicht.

Der Zug mit den sterblichen Überresten der Absturzopfer hat nun den Bahnhof Tores verlassen.
(Foto: REUTERS)
Zuvor hatten Berichte über die Behinderung der Ermittlungsarbeiten und Missstände bei der Bergung von Leichen am Absturzort weltweit Schlagzeilen gemacht.
In der Frage des Verbleibs der sterblichen Überreste der Opfer kam nun allerdings Bewegung. Der Zug mit den Leichen verließ Augenzeugen zufolge den von Separatisten kontrollierten Bahnhof Tores in der Ostukraine. Ukrainische Behördenvertreter sagten, der Zug fahre nach Charkow. Dort sollten internationale Experten die rund 280 Leichen und Dutzende Leichenteile in den Kühlwaggons untersuchen, bevor sie den Angehörigen übergeben werden.
Trauer in den Niederlanden
Charkow steht unter Kontrolle der ukrainischen Regierung. Der malaysische Regierungschef Razak sagte, die sterblichen Überreste der Opfer würden den Niederlanden übergeben. Dies habe ihm ebenfalls Rebellenchef Borodaj zugesichert. In Charkow richteten internationale Spezialisten ein Zentrum zur Identifizierung der Opfer ein. Die Niederlande wollen diese aber so schnell wie möglich außer Landes bringen, um die Identifizierung zu beschleunigen.
Niederländische Ermittler hatten zuvor Zugang zu den Leichen im Zug erhalten, bevor sie die Absturzstelle besichtigten. Eine gründliche Analyse der Toten war ihren Angaben aber in Tores nicht möglich. Das Team ging mit Mundschutz und Handschuhen durch die Kühlwaggons. Die Qualität der Aufbewahrung der Körper sei in Ordnung, sagte der Leiter der Gruppe.
Die meisten der Opfer, insgesamt 193, stammten aus den Niederlanden. Die niederländische Staatsanwaltschaft nahm Vorermittlungen wegen des Verdachts eines Abschusses auf und schickte einen Vertreter nach Kiew.
Derweil trauerte das niederländische Königspaar gemeinsam mit den Angehörigen der Opfer. "Ihre Trauer, ihre Ohnmacht und ihre Verzweiflung schneiden tief in unsere Seele", sagt der sichtlich erschütterte König Willem-Alexander im niederländischen Fernsehen. Die Katastrophe habe "eine tiefe Wunde in die niederländische Gesellschaft geschlagen." Die Narbe werde lange Zeit sichtbar und fühlbar bleiben.
Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa