Obama begrüßt Fortschritte Maliki startet Kabinettsbildung
12.11.2010, 09:05 Uhr
Maliki wird im Amt des Regierungschefs bestätigt.
(Foto: dpa)
Acht Monate nach der Parlamentswahl ist im Irak eine von Ministerpräsident Maliki geführte neue Regierung in Sicht. Schiitische, sunnitische und kurdische Parteien verständigen sich nach monatelangem Stillstand auf eine Koalition und die Grundzüge der Machtverteilung. Maliki beginnt nun mit der Regierungsbildung.
Der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki will nur einen Tag nach seiner Bestätigung im Amt mit der Bildung seines neuen Kabinetts beginnen. Er hat 30 Tage Zeit für die Regierungsbildung Zeit. US-Präsident Barack Obama lobte "den substanziellen Fortschritt".
Streit im Parlament
Die Einigung auf eine Machtteilung zwischen den drei größten Bevölkerungsgruppen im Irak, die acht Monate nach den Wahlen den Weg für eine Regierungsbildung frei machte, war am Donnerstag von einem heftigen Streit im Parlament überschattet worden.
Rund 60 Abgeordneten der sunnitischen Irakija Partei verließen die Versammlung aus Protest gegen den angeblichen Bruch eines Abkommens zur Machtteilung. Dieses hatte ihren Angaben zufolge die Aufhebung der Sperrung von drei ihrer Führer vorgesehen, die wegen ihrer Verbindung zur Baath-Partei des früheren Machthabers Saddam Hussein aus der Politik ausgeschlossen worden waren. "Wir boykottierten die Sitzung, weil wir guten Willen gezeigt hatten, doch sie stachen uns in den Rücken", sagte Saleh el Mutlak, einer der drei gesperrten Irakija-Führern.
Schiiten, Sunniten und Kurden beteiligt
Trotz des Boykotts der Irakija-Abgeordneten schritt das Parlament anschließend zur Wahl des Staatspräsidenten. Dabei wurde der Kurde Dschalal Talabani im zweiten Wahlgang in seinem Amt bestätigt. Talabani beauftragte daraufhin den Schiiten Maliki mit der Regierungsbildung. Zuvor war bereits der Sunnit Osama el Nudschaifi zum Parlamentspräsidenten gewählt worden. Die Bildung einer neuen Regierung war nach den Wahlen vom 7. März über Monate blockiert, weil der frühere Ministerpräsident Ijad Allawi die Macht für seine Irakija-Partei beanspruchte, welche die Wahlen knapp gewonnen hatte.
Allawi wird an Macht beteiligt
Malikis Rivale Allawi übernimmt nun den Vorsitz in einem neuen Rat für politische Strategien. Die Beteiligung von Allawis konfessionsübergreifender Irakija-Bewegung an der Macht wird möglicherweise eine Neuauflage der religiös motivierten Gewalt verhindern, die den Irak im Gefolge der US-Invasion von 2003 an den Rand eines Bürgerkriegs gebracht hatte. Eine Nichtbeteiligung des auch von Sunniten unterstützten Bündnisses des Schiiten Allawi hätte einer geschwächten, aber nach wie vor gefährlichen sunnitischen Extremistenbewegung neuen Zulauf bescheren können.
"Mit Gottes Hilfe haben wir vergangene Nacht eine große Einigung erzielt, die ein Sieg für alle Iraker ist", sagte der kurdische Regionalpräsident Massud Barsani, der die Einigung auf die neue Regierung verkündete. Barsani sprach von einer Regierung der "nationalen Partnerschaft": "Jetzt soll eine neue Ära der Nächstenliebe und der Versöhnung beginnen." Die künftige Regierung werde sich jetzt sofort um die Verbesserung der Stromversorgung und Schulbildung kümmern.
Barsani spielte damit auf den wachsenden Unmut in der Bevölkerung an. Sie hatten den Politikern in den vergangenen Monaten vorgeworfen, sie seien nur an Macht und Geld interessiert und überließen die Bürger, die unter Terror, Korruption und Arbeitslosigkeit leiden, ihrem Schicksal.
Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa